Freitag, der 11. November

Tja, nun sitze ich schon wieder alleine am Nürnberger Flughafen an irgend so einem Gate herum und warte auf den Touristenbomber. Die letzten Wochen waren sehr ereignisreich. Um nicht zu sagen turbulent und letztendlich auch frustrierend. MERLIN sollte nun endlich verkauft werden. Seit wir vor vier Jahren Hundenachwuchs bekommen haben, geht Ingrid nicht mehr mit zum Segeln. Und es wird immer schwieriger Mitsegler zu begeistern. Schweren Herzens habe ich, nach 14 Jahren, MERLIN zum Kauf angeboten. Interessenten haben sich Einige gemeldet. Sogar aus der Schweiz und aus Kroatien. Letztendlich standen zwei Türken in der engeren Wahl. Sie waren bei der Besichtigung und Probefahrt sehr begeistert. Im Vorfeld wurden viele Dokumente gescannt und verschickt, gefühlt 100 Fragen beantwortet und geklärt. Dann haben die Beiden per WhatsApp den Kauf besiegelt.

Nun sitze ich kopfschüttelnd am Gate 19 und warte auf irgendeine Boeing. Das Ticket hatte ich vorgestern gekauft, um meine persönlichen Sachen aus dem Boot mit nach Hause zu nehmen und die Schlüssel zu übergeben. Und letztendlich um mich bei MERLIN zu verabschieden.

Frustbier

Gestern Abend kam dann die Absage der Türken. Ich war wie vorn Kopf geschlagen. Für mich war´s eine 180 Grad Wende. Alles was ich wohlweislich nach dem letzten Törn schon mit Heim genommen habe, musste nun wieder mit runter. Das Boot musste winterfest gemacht werden. Ein neuer Liegeplatzvertrag musste für Schweinegeld geschlossen werden. Oje, ich stand immer noch neben der Kappe. Der Rest des Tages lief ab wie ein Film. Seesack vom Band – Transfer – Boot elektrifizieren und für die Nacht klar machen – Abendessen. Erst nach einigen Frustbierchen kam ich zur Ruhe.

Samstag, der 12. November

Um acht Uhr drückt die Blase. Dann noch ein paar „Minütchen“ ruhen. Als ich wieder aufwachte und auf die Borduhr sah, war es nach zehn. Das letzte Bier war wohl doch zu viel.  

Ümit der Marina-Chef war nicht im Büro. Klar, es war Samstag und ich unangemeldet. Es wurde mir ein Zettel mit einer handschriftlichen Zahl gereicht. 91.700 Türkische Lira kostet mein neuer Liegeplatzvertrag. Ziemlich genau das dreifache vom letzten Jahr. Ich wurde blass und bekam Schnappatmung. Natürlich könne ich am Montag mit dem Chef reden, aber bis dahin könne sich der Preis sicherlich noch mal verändern. Ich nahm das Risiko auf mich und verlies aufgebracht das Büro.

Mit meinem Freund, der mir beim Einwintern hilft, bzw. ich ihm helfe, habe ich mich für Sonntag verabredet. So erledigte ich schon mal alle möglichen Vorarbeiten, die ich alleine hinbekomme. Die Bestandsaufnahme der Kopfkissen und Decken gestaltete sich schwieriger als erwartet. Eine Tabelle musste her.

Für Abend machte Monika den Vorschlag zum Essen zu gehen. Ich hatte aber immer noch großen Bedarf mit mir selbst ins Reine zu kommen und blieb letztendlich an Bord.

Sonntag, der 13. November

Die Bohrungen müssen neu gesetzt werden.

Es herrscht immer noch T-Shirt Wetter. So bin ich froh, dass noch eine kurze Hose an Bord war. Zunächst bauen wir den neu beschafften Kartenplotter in die Steuersäule ein. Die Bohrungen passen natürlich nicht zum Vorgängermodell. Sonst wär es ja einfach. Anschließend werden die Segel gewaschen und vom Salz befreit. Meinen Nachbarn auf der Spicy Lady warne ich vor, dass es etwas spritzen könnte. Ich bekomme eine typisch englische Antwort: „Das macht doch nichts, ich bin doch Engländer“. Bis die Segel trocknen kaufen wir uns ein Bier vom Fass und sehen dem Trocknungsprozess von der Bar aus zu.

Anschließend muss das Dinghi noch verstaut und die Rettungsringähnliche Tasche abmontiert werden. Es wird dunkel. Mein Freund und Helfer will nach Hause. Schließlich hat er seinen Sonntag für mich geopfert. Ich kann ihm nur immer wieder danken. Mensch, wenn ich ihn nicht hätte.

Zum Abendessen treffe ich mich mit Monika und Burkhardt im Yessil-Restaurant. Es ist gerammelt voll. Resteessen ist angesagt.

Den „Absacker“ nehme ich unter Deck und sehe mir am iPad einen Schwarzweißfilm der Serie Raumpatrouille Orion an. In den 70ern ist mir gar nicht aufgefallen, dass im schnellen Raumkreuzer Plastikbecher und Bügeleisen verbaut wurden.

Montag, der 14. November

Ein Pulverkäffchen an Deck. In T-Shirt und Shorts, versteht sich. Schon erstaunlich für Mitte November. Um 11:00 Uhr folgt das vereinbarte Gespräch mit Ümit. Zu meinem Entsetzen war die Zahl auf dem kleinen Zettel vom Samstag auch schon nicht mehr gültig. Alles Jammern half nichts. Ümit hat sich redlich bemüht, mir noch etwas entgegen zu kommen. Um 4.700,- € erleichtert verließ ich das Büro. Aber immer häufiger kommt mir dem Liedermacher Wolfgang Buck sein Spruch in den Sinn: „Jammern auf hohem Niveau – Meine Swimmingpool-Heizung treibt mich noch in den Ruin“. Mit der Unterschrift auf dem Vertrag, geht es in die nächste Runde. Es wird also im kommenden Jahr noch einige erlebnisreiche Wochen unter Segel geben.

Nachbarskatze. Ganz schön mutig!

Bis 16:00 Uhr sind noch einige Restarbeiten nach Checkliste auszuführen. Dann werde ich abgeholt. Kas – Antalya – Nürnberg. Weit nach Mitternacht bin ich wieder daheim. Die Reise ist zu ende, aber die Abenteuer gehen wohl weiter!     

Anflug auf Nürnberg.