Im Letzten Jahr ist MERLIN im Schnitt einen Knoten langsamer gesegelt. Bei starkem Gegenwind war selbst unter Motor kein Vorankommen mehr möglich. Und im Marina-Bereich ist aufkreuzen sehr nervtötend. Grund für die Entschleunigung, ist der Bewuchs am Unterwasserschiff. Zwar gibst es Spezialanstriche die den Muschelansatz eindämmen, die halten aber nur ein, zwei Jahre und müssen immer wieder am Trockendock erneuert werden.
Jens, ein Stegnachbar, hat mich auf CopperCoat aufmerksam gemacht. Ein Spezialanstrich auf Kupferbasis, der zwar teurer ist, aber dafür viele Jahre halten soll. Genau diese Beschichtung und weitere kleinere Wartungsarbeiten waren der Grund meiner Reise.
Es scheint, dass wir die Pandemie langsam in den Griff bekommen. Die Inzidenzen in Deutschland sinken unter die 50er Grenzwerte. Und durch den harten Lockdown in der Türkei ist auch dort ein expotentieller Sinkflug der Ansteckungen angesagt. Trotz Impfung, ohne Stecker´l in die Nase und elektronischer Anmeldung beim türkischen Gesundheitswesen geht nichts. Sicherheit geht vor. Auch die Rückreise ist mit mehreren Nasenbohraktionen verbunden, um sich eine Quarantäne zu ersparen.
Nach einem kurzen Zwischenstopp bei Joanna und Marcel, SY Chulugi in Finike wird es dann doch 00:30 Uhr und somit bereits Donnerstag bis ich vor MERLIN stehe. Normalerweise betritt man ein Boot mittels Passarella über einen Steg. Diesmal geht´s über eine Leiter hinauf zu MERLIN, da die Marina-Crew das Boot bereits Tage vor meiner Ankunft an Land gebracht haben. Toller Ausguck hier oben, nur etwas ungewohnt, weil nichts schaukelt.
Donnerstag 3. Juni
Es klopft von außen an den Rumpf. Als ich von meinem Hochsitz blicke entdecke ich Burkhard, einer meiner Stegnachbarn und mittlerweile ein guter Freund. Er hat sich während meiner Abwesenheit rührend um MERLIN gekümmert. Hat aufgepasst dass beim Kranen alles glattgeht und mir Bilder zugeschickt. Leider waren auch Unschöne dabei, denn das Kielschwert war unverhältnismäßig stark verschmutzt und obendrein ziemlich verrostet.
Die Reparatur verursacht ungeplante Mehrkosten. Neben Burkhardt, der mit seiner Yamaha 650 kam, tuckert ein weiterer, für mich neuer Typ mit dem Roller heran. Alex heißt er und sieht Obelix ein bisschen ähnlich. Nein nicht ähnlich, sondern wie aus dem Gesicht geschnitten. Später wird man uns für Brüder halten. Wir verabreden uns für Abends zum Bier.
Die Arbeiten an MERLIN sind gerade etwas ins Stocken geraten. Das Unterwasserschiff muss nach dem Ablösen der alten Schutzlackierung, Antifouling genannt, komplett abtrocknen. Aber aus dem Ruder tropft immer noch Wasser. Wir entscheiden, das GfK an der untersten stelle anzubohren, um den Trockenprozess zu beschleunigen und wenigstens schon mal das Schwert zu grundieren.
Freitag 4. Juni
Nachdem das Ruder immer noch „saftelt“, beschließe ich nach Göceck zu fahren, um Judith und Volkan von Sail with Friends zu besuchen. Moni, Burkhardts bessere Hälfte, bietet mir ihre Enduro an. So wird aus einer schnöden Taxifahrt eine geile Motorradtour zusammen mit Burkhardt.
Auch wenn Judith und Volkan eigentlich immer gut gelaunt sind, so kann man zwischen ihren gesprochenen Sätzen erahnen, dass es um die Chartergeschäfte nicht zum Besten steht. Zuerst die staatlichen Einschränkungen, dann die Pandemie und zuletzt die unverhältnismäßig hohen Liegeplatzgebühren. Das zehrt an der Substanz. Obendrein kommen derzeit aus der EU kaum mehr Chartergäste. Hoffentlich geht das gut. Ich wünsche es den Beiden.
Die Tour zurück führt uns durch Fethye und ein Stück in die Berge. Wenn man da oben steht ereilt einem ein Gefühl der Freiheit. Beinahe wie beim Fliegen. Am Abend noch ein Bierchen im Oxygen, der Marina-Bar. Ich treffe Arsum, Herbert und einen Weiteren dessen Namen ich mir nicht gemerkt habe. Arsum kannte ich schon, als sie noch den Marina-Waschsalon hatte. Eine kleine, pfiffige Türkin deren Organisationstalent es jederzeit mit einem Top-Manager aufnehmen könnte. Herbert besitzt einen großen Catamaran der in Göcek am selben Steg Merlin gegenüber stand. David und Goliath, sozusagen. Und auch an diesem Abend schwingt der Größenunterschied etwas mit. Er, spendabel den Damen gegenüber und mit dicker Zigarre in der Hand. Und ich mit einer 0,33er Bierflasche bewaffnet. Nur komisch, dass der Cat im Hafenbecken vor Anker liegt, um anscheinend die Mooring-Gebühren zu sparen. Aber es heißt ja immer, von den Reichen kann man das sparen lernen.
Samstag 5. Juni
Ich habe mir einen lang ersehnten Wunsch erfüllt und mir noch in Deutschland einen elektronischen Barographen zugelegt. Das Teil muss im Reisegepäck mal wieder recht komisch ausgesehen haben. Denn wie so häufig werde ich beim Zoll gefilzt. Interessant für die Zöllner war dann auch dieses Trockenmittel mit dem ich das Boot während meiner Abwesenheitszeit trocken halte. Es kostete einige Überzeugungsarbeit, bis ich den Zöllnern das weiße Pulver in den Plastiktüten erklärt habe.
Aber zurück zum Barographen. Er zeigt nicht nur den momentanen Luftdruck, sondern auch Tendenzen und lässt somit eigene meteorologische Schlüsse zu. Der Marinaschreiner bastelt mir fachgerecht eine Öffnung ins Instrumentenpaneel. Den anschließenden Einbau erledige ich selbst. Allerdings sehr langsam. Die Hitze unter Deck treibt selbst beim denken Schweißperlen auf die Stirn.
Die Außenarbeiten am Rumpf stehen still. Das Ruder ist immer noch nicht ganz abgetrocknet. Am Nachmittag nehme ich in Kas ein verspätetes Mittagessen ein. Hähnchenschenkel mit Reis, Salat und Brot dazu. Und natürlich Chai, das landestypische Nationalgetränk. Alles zusammen für 2,20 Euro. Der Wechselkurs könnte für uns Deutsche nicht günstiger stehen.
Sonntag, der 6. Juni
Corona bedingte Sonntags-Ausgangssperre. Touris dürfen sich aber frei bewegen. Nützt nur nichts, wenn die meisten Geschäfte und Lokale zu haben. Die Arbeiten an MERLIN´s Rumpf ruhen natürlich auch. Der Mann im einzigen offenen Supermarkt verkauft mir kein Bier. Sonntag ist Alkoholverbot. Zum Glück habe ich noch eine eisgekühlte Flasche Weißwein an Bord. Der Abend ist also gerettet. An Deck leise Musik, Erdnüsse, Wein und dazu ein grandioser Sonnenuntergang.
Montag, der 7. Juni
Die Arbeiten am Rumpf können beginnen. Nur ich schau etwas dumm aus der Wäsche. Der Weißwein fordert seinen Tribut. Während ich nach Kaffee lächtze, wird außen bereits die Grundierung aufgetragen. Die Jungs arbeiten recht professionell. Ich spendiere schon mal eine Runde eisgekühlte Cola, bevor ich mich zu einer kalten Dusche durchringe. Anschließend habe ich einen Termin bei Ümit, dem Marina-Chef. Es gibt Einiges zu besprechen. Er begrüßt mich schon längere Zeit mit den Worten „Hallo mein Freund“. Und langsam bin ich mir sicher, er meint das auch so.
Am Nachmittag wird die ausgehärtete Grundierung angeschliffen und für den Lackauftrag vorbereitet. Ich muss derweil schon mal die coronabedingten Rückreiseformalitäten ans RKI schicken. Dann beschaffe ich mir einen Motor-Roller für kleinere Unternehmungen. Abends zusammen mit Susanne und Alex in Kas zum Essen. Wichtigstes Thema des Abends: Wie bekommt man eine Motoryacht von hier zum Main. Das ist in Coronazeiten gar nicht so einfach, wie ich erfahre. Trotzdem ist es nicht wirklich ein existenzielles Problem. Wie alle unsere Probleme die uns hier umtreiben. Oder um es mit den Worten des Liederbarden Wolfgang Buck auszudrücken: – jammern auf höchstem Niveu – „Meine Swimmingpool-Heizung treibt mich noch in den Ruin“.
Dienstag, der 8. Juni
Heute ist der große Anstrich-Tag. Ich habe mir abends noch mal das Hersteller-Video reingezogen. Die Beschichtung muss viermal und in bestimmten Zeitabständen aufgebracht werden. Durch die geringe Verarbeitungszeit darf immer nur eine begrenzte Menge angemischt werden. Und das im exakten Mischungsverhältnis. Sehr schnell bekomme ich mit, dass alles nach Plan abläuft und sehr profihaft gearbeitet wird. Meine Anspannung sinkt.
Um 16:00 Uhr werde ich von Okan, einem Agenten, abgeholt. Er bringt mich ins Hospital zum PCR Test. Mit im Auto sitzt Marcello. Ein kleiner, schmächtiger, sonnengegerbter Italiener. Das Größte an ihm ist sein Strohhut und die überdimensionale Sonnenbrille die man so in der 70ern getragen hat. Wir kommen schnell ins Gespräch. Er überstellt Schiffe, ist auf allen Weltmeeren zuhause und schon seit drei Jahren unterwegs. Derzeit fährt er einen Cat zurück nach Italien. Alleine! Eigentlich hätte ich gerne noch ein Bierchen mit ihm getrunken, zu dem uns Okan eingeladen hat. Aber ich wollte noch eine Rollertour unternehmen, ohne in die Nacht zu kommen. Ich besuche spontan Hassan und seine Familie in der Kekova-Bucht. Auch hier werde ich schon wie ein Familienmitglied begrüßt.
Mittwoch, der 9. Juni
Mein letzter Tag im Hochsitz an Bord. Die Baustelle steht wieder still, da die Beschichtung einige Tage aushärten muss. Ich werde den Abschluß der Arbeiten wohl nicht mehr vor Ort erleben. Im Technikbüro besprechen wir die weitere Vorgehensweise. Ich denke ich kann mich auf die Leute hier verlassen. Eine Hiobsbotschaft ereilt mich trotzdem noch. Beim Check des Antriebs wird festgestellt, dass der Propeller ausgeschlagen ist und getauscht werden muss. Bei der Demontage kommt dann auch noch eine eingelaufene Welle zum Vorschein. Das wird noch ein weiteres Loch in meine Bordkasse reißen. Aber auch hier könnte man wieder Wolfgang Buck zitieren. Oder Werner Schmidbauer: „Wenn die Spritpreise weiter so steigen, dann muss ich noch meinen Hubschrauber verkaufen“.
Um mich etwas bei Laune zu halten, läd mich Burkhardt zu einer weiteren Motorrad-Tour ein. Dem kann ich natürlich nicht widerstehen, wenngleich eigentlich Alex an der Reihe wäre. So jedenfalls sein Gesichtsausdruck. Diesmal soll´s richtig in die Pampa gehen. Über Stock und Stein. Und an einem Solchen muss ich wohl auch hängen geblieben sein, als mich das Motorrad abgeworfen hat. Zum Glück, nichts gebrochen. Aber die Prellungen und Schürfwunden haben gereicht. Mit Jod und Eiswürfel versorgt, sitze ich im nächsten Dorf als Attraktion des Tages vor einem Lebensmittelmarkt und muss mir eingestehen, dass ich doch eher ein Straßen- als ein Schottertyp bin.
Am Abend, nach herrlichen Spaghetti, noch klar Schiff machen, den Scooter zurückbringen und die Reisetasche packen. Morgen geht´s zurück. Ich freue mich schon auf Zuhause, wenngleich ich es auch gerne noch eine Zeitlang hier ausgehalten hätte.
Das Boot ist fertig und wurde vom Marina-Personal wieder zu Wasser gelassen und an seinen angestammten Platz am Steg B gebracht. Aber irgendwie überkommt mich so ein mulmiges Gefühl. Ob wirklich alles in Ordnung gegangen ist? Hals über Kopf ordere ich ein, wenn auch nicht besonders günstiges, Flugticket und düse los.
Die Anreise war diesmal eine mittelprächtige Katastrophe. Zum einen sind die Inzidenzen in Deutschland einstellig geworden und beinahe jeder will sein Urlaubsdefizit aufholen. Zum anderen begann in der Türkei Bayram, das höchste islamische Fest. So war der Flieger, der mit einer Stunde Verspätung erst in Nürnberg ankam, dann bis auf den letzten Sitzplatz vollgepfropft. Zeitgleich wurde sogar ein zweiter Flieger, mit gleichem Ziel, beladen. Was dann letztendlich zum nächsten Problem führte. Wir saßen im Flieger, aber aus Gründen, die uns nicht genannt wurden, verzögerte sich der Start um eine weitere Stunde. Auch der Landeanflug in Antalya war recht abenteuerlich. Mich als Freizeitpilot stört es ja eher weniger, wenn jemand in meiner direkten Umgebung zur Übel-Tüte greift. Aber dass dann anschließend zwei weitere Gäste auch noch reihern, das war schon nicht so prikelnd. An der Gepäckausgabe war die Startverzögerung dann klar. Circa 60 Passagiere erhielten statt ihrer Koffer einen Zettel zum Ausfüllen. Ich natürlich auch. Das ist doppelt dämlich, da ich eigentlich vorhatte, nur mit Handgepäck zu reisen. Aber der Zoll in Nürnberg meinte, dass meine Boots-Ersatzteile durchaus als gefährliche Ware anzusehen sind. So musste mein Täschchen in den Flugzeugrumpf. Gegen Aufpreis, versteht sich. Wenn alles gut gehe, sagten sie mir, wird das Gepäck in den nächsten zwei Tagen in der Marina eintreffen. Die dazugehörigen Formalitäten hatten natürlich wieder eine Stunde in Anspruch genommen. So ist es nicht verwunderlich, dass der Fahrer, der mich abholen sollte, bereits wieder auf dem Heimweg war.
Wo ist mein Fahrer?
Donnerstag, der 15. Juli – Richtig angekommen –
Anstatt gegen 9:00 Uhr war ich dann kurz vor 14:00 Uhr am Steg B in Kas. Noch nicht ganz bei Merlin angekommen, traf ich auf Jim, einen Stegnachbarn. Er kommt aus Weymouth, England. Sein letzter Facebook-Eintrag zeigte ihn im Tandemgleitschirm über Ölüdeniz. Ich hätte nicht fragen sollen, wie sein Gleitschirmflug war, denn er hörte nicht mehr auf, begeistert darüber zu berichten. Und das bei 37 Grad, ohne einen Flecken Schatten und ohne ein einziges Lüftchen. Als er mich auch noch zum Drink einlud, musste ich dankend ablehnen. Sorry Jim, aber ich muss jetzt erst mal richtig ankommen. Es war, glaube ich, mein erstes Bier das ich im Leben abgelehnt habe. Aber das Wasser lief mir bereits aus allen Poren.
MERLIN war weitestgehend in dem Zustand, wie ich es mir gewünscht habe. Aber jetzt nichts wie die verschwitzten Klamotten runter und duschen. Doch selbst der Weg zur Dusche war eine Art Hürdenlauf. Denn da hab ich Jens getroffen. Er ist gerade von einem sechswöchigen Überführungstörn zurück. 3000 Seemeilen durch sieben Länder. Auch hier gibt es also viel zu erzählen. Was wir dann aber auf die Abendstunden in der Oxygen-Bar vertagt haben.
Nachts baue ich noch den Heizlüfter zum Ventilator um. Denn selbst nach Mitternacht hat es noch 30 Grad unter Deck. Funktionierte gut, aber laut. Irgendwann schlafe ich dann doch ziemlich übermüdet ein.
Freitag, der 16. Juli
Heutzutage ist es ja wichtig, immer und überall mit der ganzen Welt in Kontakt zu sein. Deshalb laufe ich zuerst in die Stadt um meinen WLAN-Router aufladen zu lassen. Um bei der Affenhitze nicht alles zu Fuß erledigen zu müssen, wird kurzerhand ein Roller für die kommenden Tage gebucht. Man kennt mich bereits und so sind die Formalitäten schnell erledigt. Allerdings haben sich, Dank Hauptsaison, die Preise glatt verdoppelt und der Hubraum halbiert. Aber das Schnauferl bringt mich trotzdem locker über die Hügel. Jetzt noch ein paar Ersatzteile und Werkzeuge einkaufen. Der zehner Gabelschlüssel war an Bord unauffindbar. Ist wohl irgendwann von Bord gegangen.
Bei der obligaten Begrüßungsrunde im Marina-Office stand dann auch plötzlich meine verloren gegangene Reisetasche vor mir. Alles wieder gut.
Mein Freund und Stegnachbar Burkhardt, der kurz vorbeikam, schimpfte wie ein Rohrspatz, dass trotz Corona Delta Variante, in Feierlaune keiner mehr so richtig die Regeln einhält. Ich habe daraufhin auf den obligatorischen Wochenmarktbesuch verzichtet.
Die geplanten Restarbeiten an Bord sind bei der Hitze eigentlich nur sehr früh am Morgen, oder spät am Abend zu bewerkstelligen. Dazwischen im Schatten dösen, Buch lesen oder diese Notizen hier schreiben. Alles ist eigentlich recht entspannt.
Samstag, der 17. Juni
Der Muezzin weckt auch am Wochenende sehr eindringlich und gewissenhaft. Nur für meine Begriffe, viel zu früh. Ich muss noch mal nach Kas. Zwei große Schäkel kaufen. Und einen zweiten 10er Gabelschlüssel, zum Kontern. Anschließend gönne ich mir zum Frühstück ein leckeres Omelett und einen Cappuccino dazu. Danach ist´s zum Arbeiten schon wieder viel zu heiß.
Zugentlastungsfeder. Teufelszeug für den Nürnberger Zoll
Gegen 18:00 Uhr wird es langsam erträglicher und ich mache mich an die Arbeit, die Zugentlastungs-Federn, weswegen mein Handgepäck in den Rumpf musste, zu montieren. Mein direkter Stegnachbar, ein junger, neureicher Türke, springt sofort von seiner neuen Yacht und hilft mir. Er heißt Vilmi, oder so ähnlich. Ist mit seiner jungen Familie an Bord und hat offensichtlich keine Lust bei der Hitze zu segeln. Nach getaner Arbeit gehe ich das zweite Mal heute zum Duschen. Anschließend gönne ich mir im Marina-Restaurant Pasarella für knapp 12,- Euro ein Rinderlendensteak. Das muss jetzt halt sein. Beim Absacker an Bord gibt es Hubert und Staller im Handy-Mäusekino. WLAN sei Dank!
Sonntag, der 18. Juni
Die Arbeiten sind getan. Ich habe quasi die letzten beiden Tage Urlaub. Unternehme eine morgendliche Roller-Tour die Küste entlang und über die Hügel zurück.
Aus Cowboy wird ein Motorradrocker. ALF, der Name ist Programm.Links die Einfahrt zur Kas-Marina. Rechts oben die Griechische Insel Kastelorizon
Mittags im Yesil-Restaurant Hühnereintopf mit Bulgur und Salat und Mineralwasser für 1,90 €. Anschließend an Bord zwei Stunden am Laptop zugebracht. RKI-Einreiseformular und Impfbescheinigung zum Freikauf aus der häuslichen Quarantäne. Abends zum Sundowner auf der Segelyacht Satchmo mit Monika, Burkhardt, Arsum und Jens, den wir kurzerhand in Yusuf umgetauft haben. Wir unterhalten uns prächtig. Reden über Gott und die Welt. Hunde, Katzen, Tierschutz, Geheimtip-Buchten und Alfred Biolek.
Montag, der 19. Juni
Im Marinabüro liegen meine Ausreise-Drucksachen zur Abholung bereit. Denn einen eigenen Drucker habe ich noch nicht an Bord. Ist auch nicht nötig, bei der Hilfsbereitschaft. An Bord gibt es immer noch Kleinigkeiten zum schrauben. So vergeht der Vormittag recht kurzweilig. Mittag Spaghetti im Pasarella. Anschließend eine größere Rollertour bis Kalkan.
Sundowner an Bord
Den Sundowner genießen wir in gleicher Runde, aber diesmal bei mir an Bord. Als alle gegangen sind und die Sonne orangerot hinter den Hügeln verschwindet, erfahre ich, dass mein Freund Franjo heute gestorben ist. Ich bin froh, jetzt allein an Deck zu sitzen und ein bisschen inne halten zu können. Ein Foto entsteht und geht über Facebook um die Welt.
Prost Franjo, ich trinke auf Dich!
Dienstag, der 20. Juni
Meine letzte Nacht an Bord habe ich erstmals ohne den Einsatz des Ventilators zugebracht. Wahrscheinlich ist es etwas kälter geworden. Oder ich habe mich endlich an die Temperaturen gewöhnt. Nach dem Frühstück räume ich das Boot auf. Mache mir Notizen, was für die kommenden Törns daheim besorgt werden muss. Dann verabschiede ich mich der Reihe nach, von allen mir lieb gewordenen Freunden, ziehe meine lange Hose an, lege mir die Jacke zurecht und trete die Heimreise an.
Bis bald MERLIN
Thomas, der Steg-Kapitän
PS. Alfred Biolek ist einen Tag nach meiner Rückkehr verstorben. Zufall oder Vorsehung?
Genauer gesagt, an Bord der MERLIN. Sitze in meiner Lieblingsecke und genieße das erste EFES-Malt. Heute lief alles wie am Schnürchen. Christian hat mich zum Flughafen gefahren. Die Abflugtafel war wieder gefüllt wie vor Corona. Der Virus scheint seinen Schrecken verloren zu haben. Die Leute wollen wieder in Urlaub fliegen.
Tomatensaft gibt es diesmal keinen für mich.
Im Flugzeug rennen die Stewardessen allerdings immer noch nervös hin und her und ermahnen Jeden, dem auch nur die Nasenspitze unter der ffp2-Maske hervor spitzt. Und dann werden Essen und Getränke serviert. Der Maskenzwang hat ein jähes Ende. Es scheint als würde der Virus eine Art Mittagspausen einlegen. Wie krank ist das denn? Wie blöd muss man sein, um solche Regeln zu erfinden?? Trotz knurrendem Magen, lehne ich jegliche Angebote dankend ab, und bleibe vermummt.
Auch der Transfer von Antalya nach Kas klappt ausgezeichnet. Und so sitze ich seit 21:30 Uhr unter Deck und lasse es mir gut gehen. Die nächsten beiden Tage werden vom Aufrüsten des Bootes geprägt sein, bis dann am Mittwoch die erste Crew eintreffen wird. Ein paar EFES werden es an dem Abend noch.
Montag 11. Oktober 2021
Bei den Vorbereitungsarbeiten bekomme ich tatkräftige und professionelle Hilfe. Das ist auch zwingend notwendig, da ich als ehemaliger Charterkapitän recht wenig Plan zum anschlagen der Segel besitze. Viele Arbeiten sind zu verrichten, die sich bei schweißtreibenden 28 Grad über den ganzen Tag hinziehen.
Am Abend, zum Sundowner, bekomme ich Besuch von Moni und Burkhardt. Seit unserem letzten Zusammentreffen im Juni gibt es viel zu berichten. Anschließend geht es, bei Bluesmusik, auf ein/zwei Bierchen in den Marina-Pub, wo sich Leute aus aller Welt treffen. Die Sonne hat mir ziemlich zugesetzt. Und so falle ich hundemüde in meine Koje.
Dienstag 12. Oktober 2021
Heute geht´s deutlich entspannter zu. Zwar stehen noch ausreichend Restarbeiten an, aber jetzt wird erst mal, im Schatten der Sprayhood, ausgiebig Kaffee getrunken. Anschließend alle Edelstahlteile mit Chrompolitur gereinigt und die Klebereste um die gestern neu abgedichtete Decksluke beseitigt. In der Werft ein kurzer Plausch und 100,- € für den durchgeführten Motorkundendienst abgedrückt.
Gegen Mittag, als es für mich schon wieder zu heiß zum Arbeiten wird, ist mir Jürgen über den Weg gelaufen. Er stammt aus der Nähe von Düsseldorf. Sein Boot namens Dina liegt am Steg A und auch er ist momentan mehr mit Basteln, als mit Segeln beschäftigt. Wir haben uns lange unterhalten und neben dem Segeln erstaunlich viele weitere Gemeinsamkeiten entdeckt. Beide haben wir rechtzeitig unser Arbeitsleben beendet, sind annähernd im gleichen Alter. Techniker. Und haben uns bis zum Rentenantritt finanziell selbst über Wasser gehalten.
Besuch beim „Stürmchen“
Am Spätnachmittag kommt Wind auf, der sich im Düseneffekt zur Marina hin verstärkt. Eigentlich kann man von einem kleinen „Stürmchen“ sprechen, das sich da zusammenbraut. Die Yachten werden gut durchgeschüttelt und durch die hohen Wellen schwappt das Wasser bereits über den Steg. In einer zweiten Welle beginnt es dann zu regnen und der geplante Sundowner muss leider vertagt werden.
Mittwoch 13. Oktober 2021
Morgens vom Regen geweckt worden. Sonne und dickes Gewölke wechseln sich ab. Um 11:30 Uhr kommt die Crew an. Bestehend aus meinem Co-Skipper Franz, T2 und Lars dem Neuling im Bunde. Zum türkischen Frühstück geht´s ins Vathi, eines der beiden Marina-Restaurants. Dann werden die Restarbeiten am und ums Boot herum ausgeführt. Beiboot aufpumpen, Außenborder aktivieren, Ruckdämpfer gegen normale Achterleinen getauscht. Gefolgt vom obligatorischen Großeinkauf.
Türkisches Frühstück.
Um 19:00 Uhr gehen wir zusammen mit Jürgen im Schlepptau nach Kas zum Abendessen. Ich zeige den Herrschaften das Sempati, eines meiner Lieblingslokale. Service und Essen überzeugen. Anschließend geht es in die schräg gegenüberliegende Bar, wo sich eine Art deutscher Stammtisch etabliert hat. Einen allerletzten Absacker gibt es dann weit nach Mitternacht noch an Deck. Allerdings bereits in Jacken gehüllt, weit entfernt der 28 Grad der letzten Tage.
Donnerstag 14. Oktober 2021
09:00 Uhr, 1001 hPa, Sonnig, Mot: 2119,0 Std.
Die Nacht war ruhig. Nach dem Aufstehen muss sich das Bordleben erst mal langsam einspielen. Wer ist Langschläfer, wer Frühaufsteher. Wer kann Kaffe kochen, Wem geht man morgens eher aus dem Weg usw. usw.
Resteinkäufe sind zu machen. Beim Frühstück treffen wir meinen Freund Oktay. Er ist Berufskipper und liegt derzeit mit einer Traumyacht längsseits am großen Beton-Kai. Wir dürfen das Schiff besichtigen und auch Fotos machen. Innenaufnahmen allerdings nur für private Zwecke und nicht für´s Netzt. Es ist überwältigend, eine Yacht zu besichtigen, die exakt so breit ist, wie MERLIN lang.
Um 14:30 Uhr legen wir vom Steg B Platz 33 ab. Franz ist am Ruder. Nach der Ausfahrt, als bereits Kastellorizon in Sicht kommt, gibt es leichten Segelwind. Eigentlich genau das Richtige zum eingewöhnen und üben. Unter Fock und Großsegel geht es mit 4 ½ Knoten im Slalom durch die vorgelagerten Inselchen. Um 17:30 Uhr fühlen wir uns segelfit für die Woche und suchen uns in der weit ausladenden Bucht gegenüber Kas unseren Ankerplatz. Der Anker fällt bei 10 Meter Tiefe mit 35 Meter Kette. Mit einem kurzen Ruck ist der Anker fest und der erste Segeltag beendet. Nudeln, Salat, Rotwein. Was kann es Besseres geben. Nachts kommt ziemlich starker Wind auf. Der Anker hält. Und das iPad hält durchgehend Ankerwache.
Schwimmbrille beim Zwiebel schneiden.
Freitag 15. Oktober 2021
08:15 Uhr, 1001 hPa, Sonnig, später bewölkt.
Türk Radio sendet Gale Warning für die südliche Ägäis und Taurus.
Irgendwann gegen 4:00 Uhr ist der Wind eingeschlafen. Frühstück unter Deck. Eine Runde ums Boot schwimmen. Das Wasser ist wärmer als die Luft. Die hohe Bewölkung im Westen kündigt das herannahende Sturmtief an. Ob und wie stark wir betroffen sind ist noch unsicher, da wir Richtung Osten aufbrechen. Um 10:45 Uhr Anker auf. Lars fährt uns aus der Bucht. Die Wolken in den Bergen hinter Kas werden immer dichter und dunkler. Wir überlegen, ob wir umkehren und in die Marina zurückfahren. 11:30 Uhr das Wetter kommt schneller näher als gedacht. Wir entscheiden uns zur Umkehr. Auf der offenen See bilden sich erste Gewitterzellen.
12:30 Uhr. Es ist wie verrückt. Die Front löst sich vor unseren Augen auf. Wir drehen abermals um und gehen auf den Ursprungskurs Kekova. Die Passage erreichen wir gegen 14:00 Uhr und um 16:30 Uhr sind wir in Ücaiz. Im Innenbereich am Steg ist noch ein Platz frei. Ideal, wenn der Wind stärker werden sollte.
Abends bei Hassan. Gut gegessen und viel getrunken. Zu viel eigentlich.
Samstag 16. Oktober 2021
09:15 Uhr, Sonnig, 2/8 Quellwolken, Starkwind
Morgens ziemliche Anlaufschwierigkeiten. Marcel von der SY Chulugi weckt mich auf. Ich habe für seine Joanna ein Päckchen aus Deutschland mitgebracht. Medikamente die es in der Türkei schwer oder gar nicht zu kaufen gibt. Allerdings bringe ich bei der Übergabe kaum einen Ton heraus. Mein Hals ist geschwollen. Mandelentzündung? Erkältung? Raki vom Vorabend? Ich kann es nicht sagen. Wahrscheinlich von Allem etwas.
Draußen auf See windet es stark. Wir entscheiden (3 zu 1) hier zu bleiben und einen Wandertag einzulegen. Wir wandern die Bucht entlang und hoch zur Burg Kale Köy. Nach dem Abstieg und einer Erfrischung in einer der Lokale am Ufer, geht es per Wassertaxi zurück zum Steg. Abends freut sich Hassan auf unseren zweiten Besuch. Wir kommen gerade noch rechtzeitig zum Boot zurück, als der Regenguss einsetzt. MERLIN zeigt leichte Undichtigkeiten.
Sonntag 17. Oktober 2021
08:00 Uhr, 998 hPa, Sonnig
Um 10:00 Uhr legen wir vom Steg ab. Außerhalb Kekova herrscht leichter Segelwind und wir kreuzen mit 3 Knoten Fahrt Richtung Osten. Um 14:15 Uhr treffen wir in Karaloz ein. Es ist ein tiefer und gewundener Einschnitt im Außenbereich der Insel Kekova.
Mittagspause. Baden. Es gibt Bruscetta a´la Franz. Dann kommt Wind auf und nimmt stetig zu. Erstmals werden wir gefordert und kreuzen geschwindigkeitsoptimiert hin und her. Der Weg ist das Ziel. Um 18:15 Uhr ist es um diese Jahreszeit schon stockdunkel. Und so nähern wir uns um 17:45 Uhr unserem Ankerplatz Gökkaya Limani, von Ingrid Karibikbucht genannt.
Es gibt selbstgebackene Pizza und Rotwein. Am Abend entfacht eine heftige Diskussion über Vereinsführung und Jugendarbeit. Aber die Streitkultur liegt erwartungsgemäß auf hohem Niveau
Montag 18. Oktober 2021
08:00 Uhr, 1000 hPa, Sonnig
Nachdem der Wind erfahrungsgemäß erst zur Mittagszeit einsetzt, gehen wir den Tag gemächlich an. Baden ist angesagt. Franz und Lars unternehmen einen Landausflug. Anschließend gibt es als Brunch selbstgemachtes Menemen. Eine türkische Frühstücksspezialität, wer´s mag.
Um 13:00 Uhr fahren wir aus der Bucht. Zunächst um einige Nachbarbuchten zu erkunden. Dann wird den Nachmittag über mit schönem Segelwind bei 1,5 Meter Welle gesegelt. Ziel ist es, mit Windenergie bis zur Kekova-Einfahrt hoch zu kreuzen. Selbst innerhalb der Kekova-Insel kreuzen wir weiter, bis es die Wassertiefe nicht mehr zulässt. Polemos Bükü steht wieder mal voll in der Düse. Der Wind bleibt uns auch nach Sonnenuntergang noch erhalten. Aber der Anker und die 50 Meter Kette halten auf 8 Meter Tiefe recht gut. Kapitäns-Dinner ist angesagt. Danach Bandprobe. Wohl die Letzte in dieser Form.
Und dann geschieht das Unglück. Das gelbe EFES Malt ist ausgegangen und der Skipper muss wiederwillig auf Blau umgestellt werden.
Besondere Vorkommnisse des Tages:
Franz taucht in der Bucht mit Maske, aber die ffp2 scheint hierfür völlig ungeeignet zu sein.
Durch die vielen Handy-Ladekabel sieht es am Kartentisch aus, als hätte man bei einem alten Röhrenfernseher die Rückwand abgeschraubt.
Skipper erfolgreich auf EFES Pils umgewöhnt.
Dienstag 19. Oktober 2021
08:00 Uhr, 1002 hPa, Sonnig
Wir gehen zeitig los und sind bereits gegen 09:00 Uhr aus der Kekova-Bucht raus. Unter Motor geht es Richtung Westen. Auch gegen 11:00 Uhr querab Kastellorizon kommt noch kein Wind auf. Um 12:00 Uhr machen wir vor Anker Pause. Ab 13:00 Uhr gibt es moderaten Segelwind mit wenig Welle. So können wir noch gemütlich bis Kap Ada kreuzen und weiter bis zur Marina-Einfahrt segeln. Um 16:50 Uhr machen wir am Steg B Platz 33 fest.
Die erste Segelwoche endet. Morgen geht es für die Jungs zurück. Drei Charaktäre die nicht unterschiedlicher hätten sein könnten, haben sich eine Woche zusammengelebt.
Die Abschiedsfeier an Deck endet erst weit nach Mitternacht. Und für den Skipper mit ein paar Weißbier.
Besondere Vorkommnisse des Tages. Bemerkungen:
RKI Einreiseformular erstellt.
Motorstundenzähler erste Woche 2128,9 Std.
Mittwoch 20. Oktober 2021
08:00 Uhr, 1004 hPa, Sonnig
Es ist kühler geworden, für türkische Verhältnisse. Trotzdem reichen Short und T-Shirt noch gut aus. Ein Käffchen an Bord, dann beginnen stressreiche Stunden. Das Transitlog muss geändert werden. Der lecke Schlauch der Außendusche gewechselt, die Gasflasche getauscht, die Bettwäsche zum Waschen gebracht, die Sim-Card fürs WLAN nachgeladen und die Transfers organisiert bzw. bestätigt werden.
Langsam wird mir auch mein Planungsfehler bewusst. Die erste Crew verlässt Kas erst um 17:00 Uhr, die Zweite kommt aber schon gegen 11:00 Uhr. Das Boot wird ziemlich voll werden. Es beginnt ein gleichzeitiges Ein- und Auspacken. Nächstes Mal werde ich garantiert wieder einen Tag „Luft“ einbauen.
Das Boot ist voll!
Mittag geht’s mit gemischter Doppelcrew ins Yessil Restaurant. Ab 17:00 Uhr wird es dann deutlich ruhiger.
50/50 Bier und Lebensmittel
Abends geht es, mit neuer Mannschaft, mit Kalle, Horst und Christian ins Oxygen zu Cheesburger und Livemusik. Bei der Sängerin bestätigt sich, dass in einem korpulenten Körper meist kräftige Töne stecken. Gigantisch!
Den Absacker an Bord gibt es diesmal mit angeblicher Medizin, sprich Campari. Gegen 22:00 Uhr wird´s still. Es war ein harter Tag, nicht nur für die Reisenden.
Donnerstag 21. Oktober 2021
08:00 Uhr, 1005 hPa, Sonnig
Käffchen vorab an Bord. Türkisches Frühstück im Pasarella-Restaurant. Für mich wiederholt sich jetzt Einiges, aber ohne dass es langweilig wird.
Um 11:45 Uhr legen wir ab. Diese Woche muss ich wohl etwas mehr Hand anlegen, ohne meinen Co-Skipper. Zumindest bei den kritischeren Manövern. Die Winde stehen günstig. So setzen wir bereits nach der Marina-Ausfahrt Vollzeug und segeln mit halben Wind mit 5 Knoten Richtung Gürmenli Adasi. Eine der unbewohnten Inseln rund um Kastellorizon.
In Bereichen mit Landabdeckung lässt der Wind auch mal nach und der Diesel hilft schieben. Es ist wieder ein recht gelungener erster Übungstag. Gegen 16:00 Uhr hat das wenden und halsen und nachschieben dann keinen Sinn mehr und wir gehen in die Bucht vor Kas vor Anker. Schinkennudel und Salat, Wein, Efes, Raki und jetzt auch Campari.
Um 23:00 Uhr wird es ruhig unter Deck.
Freitag 22. Oktober 2021
08:15 Uhr, 1005 hPa, Sonnig
Um 10:00 Uhr gehen wir Anker auf. Kurs Kekova. Der Wind ist schwach, aber wir bewegen uns mit 2,2 Knoten dem Ziel entgegen. Um 12:00 Uhr werfen wir den Motor an und lassen das Groß stehen. Für den heutigen Tag geben wir das Segeln auf und ankern um 14:00 Uhr in Polemos Bükü auf 11 Meter Tiefe mit 50 Meter Kette.
Die Jungs wollen die Gegend erkundigen und bereiten das Dinghi und den Außenborder vor. Leider ist beim Anwerfen des Außenborders das Seil gerissen. Unter Aufbringung aller Kräfte und mit Einsatz aller Bordmittel, konnte der Schaden bis 17:00 Uhr behoben werden. Quasi eine Operation am offenen Herzen. Für den Landgang ist es allerdings bereits zu spät. Dafür wurde unter weiterer enormer Anstrengung und Aktivierung er letzten Kraftreserven Pizzateig hergestellt. Ich habe etwas Angst, daß durch den hohen Anpressdruck der Salontisch bricht. Oder dass die Hefezellen im Teig erdrückt werden und absterben.
Letztlich war es aber ein großartiges Abendessen. Wie schon üblich, mit Wein, Efes, Raki und Campari. Um 23:00 Uhr ist Nachtruhe und Duett-Schnarchen angesagt.
Samstag 23. Oktober 2021
08:00 Uhr, 1005 hPa, Sonnig
Frühstück unter Deck. Anschließend holen die Jungs den Landgang nach und kommen erst gegen 13:00 Uhr zurück.
Wir kreuzen vor Kekova mit perfektem Segelwind. Jeder darf mal ran. Alle kommen auf ihre Kosten. Nach 16.00 Uhr fädeln wir gekonnt am Steg in Ücagis zwischen den Mooring-Leinen ein. Der Hafenmeister erkennt mich wieder. Offensichtlich haben wir letzte Woche einen guten Eindruck hinterlassen. Zum Abendessen für 18:30 Uhr bei Hassan angekündigt.
Alkoholbedingt läuft der Absacker an Bord etwas aus dem Ruder. Aber das kann schon mal passieren, an einem so herrlichen Abend in solch herrlicher Gegend.
Sonntag 24. Oktober 2021
08:00 Uhr, 1005 hPa, Sonnig
Ein mysteriöser Knoten beschert uns einen höchst seltenen Doppelableger. Aber alles geht ruhig und gelassen zu. Da wie gewohnt, vormittags wenig Wind weht, geht es zum Baden in die Karibik-Bucht Gökkaya Liman. Frühstücken, Schwimmen, Landgang, Sonnenbaden und auf Wind warten. Heute will er wohl gar nicht blaßen. So motoren wir bis zur unvollendeten Marina bei Demre und versuchen von dort aus unser Segelglück.
Die Crew hat gestern Raki geschwängert und voller Euphorie Hassan versprochen, heute Abend wieder bei ihm zu sein. Langsam sollte ich dort Rabatt bekommen. Oder wie bei den Reisebus-Fahrern üblich, ein Freiessen. Da die Batterien und der Wassertank noch voll sind, will ich diesmal nicht schon wieder an den Steg. Wir ankern in der Bucht westlich der Ortschaft. Zum Sundowner trifft Bernhard mit seiner Zalea ein. So wird der Abend noch etwas abwechslungsreicher, denn es gibt viel zu erzählen.
Bernhard mit seiner Bavaria 45C Zalea MERLIN vor Anker
Montag 25. Oktober 2021
08:30 Uhr, 1001 hPa, Sonnig mit 3/8 Bewölkung.
Heute geht es ein großes Stück zurück Richtung Kas, damit wir Dienstagmittag rechtzeitig in der Marina sind. Genauer gesagt, geht es zurück in die erste Bucht des Törns. Nach Bayindir Limani. Auf der ganzen Rückfahrt herrscht Flaute. Erst als wir das Tagesziel beinahe erreicht haben, kommt Wind auf. Also noch mal Segel setzten und zur Gaudi zwischen Kastellorizon und dem Festland aufkreuzen. Wahrscheinlich das letzte Mal für dieses Jahr.
Abends Kapitäns-Dinner. Ab 23:00 Uhr Nachtruhe mit leichtem Geschaukel.
Besondere Vorkommnisse des Tages. Bemerkungen:
RKI Einreiseformular erstellt.
Viel namenloses Wasser entdeckt
Das mit dem namenlosen Wasser bedarf wahrscheinlich einer Erklärung: Um nicht ständig Gläser spülen zu müssen, trinkt Jeder aus seiner eigenen Wasserflasche. Diese werden mittels Filzstift mit Namen gekennzeichnet. Angebrochenes namenloses Wasser kann maximal zum Kaffeekochen benutzt werden.
Dienstag 26. Oktober 2021
08:15 Uhr, 1001 hPa, Sonnig.
Es geht zurück in die Marina. An der Tankstelle herrscht Hochbetrieb. Aber wir bleiben hartnäckig. Um 11:30 Uhr machen wir dann am Steg B Platz Nr. 33 fest. Gleich zwei Marineros helfen uns, in den engen Liegeplatz zu buchsieren. Die zweite Segelwoche geht zu ende. Der Kreis schließt sich ein zweites Mal für mich.
Ungewöhnlich viel Betrieb beim Tanken
Bis zum Rückflug morgen sind noch viele Sachen zu erledigen. Der Außenborder bekommt neue Schrauben, Das Dinghi wird in Winterschlaf versetzt. Ruckdämpfer an den Achterleinen befestigt. Instrumente abgedeckt. Deck geschruppt usw. usw.
Am Abend geht es noch mal in Kas lecker Essen und auf ein paar Bierchen zum deutschen Stammtisch. Es wird mal wieder weit nach Mitternacht, bis die Abschiedsparty zu Ende ist.
Besondere Vorkommnisse des Tages. Bemerkungen:
Motorlaufzeit 2143,5 Std. Also 25,5 Stunden für beide Törns
Vielleicht hätte ich nicht „Weicheitörn“ schreiben dürfen, als ich die Einladung für einen Segeltörn im Frühjahr 2022 an meine Mitseglergemeinde verschickt habe. Denn es hat sich trotz mehrerer Anläufe Niemand gemeldet. Selbst der Versuch, meine ehemaligen Klassenkameraden per WhatsApp-Gruppe zu animieren, ist komplett fehlgeschlagen. Nicht mal Einer meiner 392 Facebook-Freunde wollte mitsegeln. Eine bebilderte Einladung in der Facebook-Community der Stadt Lauf mit rund 5.800 Followern brachte zwar etliche Likes, aber keinen Mitsegler. Gut, ein Brillenklempner aus Eckental hat sich gemeldet, konnte aber seine ehemaligen Segelfreunde nicht dazu bewegen mitzusegeln. Ähnlich ging es einer ehemaligen Lauferin, die jetzt in Alanya lebt und deren Tochter in Deutschland genau zu dem Zeitpunkt Nachwuchs erwartete. Ich war also alleine, allein auf weiter Flur!
Ziemlich gefrustet gab ich meine Segelpläne fürs Frühjahr 2022 auf. Nach ein paar abendlichen Bierchen (zu viel) und im Bauch eine Mischung aus Frust, Enttäuschung und Trotzigkeit, entschied ich, mir trotzdem ein Ticket zu besorgen und alleine in die Türkei zu reisen um MERLIN ein paar Tage wenigstens als schwimmendes Feriendomizil zu nutzen. In Kas lag die Inzidenz nicht vierstellig wie bei uns, sondern längst unter 30. Alle Reisebeschränkungen waren aufgehoben, Corona kein Tagesthema mehr.
Es gibt zwar deutlich günstigere Nachtflüge von Nürnberg nach Antalya, aber mit zunehmendem Alter reise ich lieber tagsüber und mit Türkish Airline für ein paar Euro mehr. Der bereits in Deutschland bestellte Transfer klappte hervorragend und zum Abendessen saß ich bereits in einem der Restaurants in der Marina. Natürlich mit Blick auf die Yachten im Schein der untergehenden Sonne. Sundowner! Langsam beginnt mal wieder die Tiefenentspannung.
Mittwoch, der 4. Mai
Normalerweise schlafe ich auswärts eher schlecht und unruhig. Aber in der Bugkabine der MERLIN fühle ich mich offensichtlich schon wie zuhause. Oder vielleicht doch wegen der langen Anreise gestern. Die neuen mitgebrachten Kopfkissen können auch eine Rolle gespielt haben. Jedenfalls habe ich nicht einmal den Muezzin gehört, als er die Gläubigen zum Frühgebet rief.
Ümit, der Marina-Chef hat mir eine Woche vor meiner Ankunft angeboten, mein Schiff an einen anderen, besseren Platz zu verholen. Sicher nicht ganz uneigennützig. Am neuen, bisher unbesetzten Platz passt gerade mal noch eine kleine Yacht wie MERLIN hin. Und damit wird in der proppenvollen Marina mein alter Platz frei. Der mir angebotene Platz hat viele Vorteile. Die Einfahrt ist breiter, der Platz ist geräumiger. Liegt in unmittelbarer Ufernähe, was bei Stürmen sehr beruhigend ist. Lediglich die nahegelegene Bar, die häufig Livemusik bietet, gibt mir zu denken. Ob das abends an Bord nicht zu laut ist? Aber wahrscheinlich sitze ich da sowieso mit am Dresen und lausche den Klängen. Ümit, dem ich meine Bedenken äußere, antwortet mit einem türkischen Sprichwort: Es gibt keine Rosen ohne Dornen. Hm, ich brauche trotzdem noch Bedenkzeit.
Bei meinem ersten Stadtbummel am Werftgelände vorbei, entdecke ich Jürgen. Er bastelt im Trockendock mit vollem Körpereinsatz an seiner Dina rum. Um das Kopfkino zu entschärfen, DINA ist seine Segelyacht. Jürgen ist schon ein paar Wochen am arbeiten und froh darüber abends mal wieder mit jemanden quatschen zu können.
Wir essen im Sempati in Kas. Vorspeisen, anschließend ein Rindersteak mit würziger Pfeffersauce und, für unsere Geschmäcker ungewöhnlich, als Beilage eine Art Kartoffelbrei. Alles, wie gewohnt, recht hochwertig und dank der hohen Inflationsrate, recht günstig. Zuhause hätte das Geld gerade mal für einen Teller Suppe gereicht.
Donnerstag, der 5. Mai
Ich habe mir den neuen Liegeplatz noch mal angesehen. Einige Leute im Umfeld befragt. Die Vor- und Nachteile abgewogen. Ein weiteres Gespräch mit Ümit bringt die Lösung. Zieh um, schau Dir das ein paar Tage an und wenn´s dir nicht gefällt kannst Du wieder zum alten Platz zurückkehren. Genau, so machen wir das. Morgen um 9:00 Uhr ist Umzug.
Jürgen, dessen Boot ja an Land steht, vermisst das Schaukeln. So macht er den Vorschlag, dass wir den heutigen Abend an Deck der MERLIN verbringen. Kurz darauf steht er mit einem Sixpack EFES an der Pasarella. Passarella ist übrigens ein Brett mit dem man ältere Yachten betritt und dabei möglichst nicht ins Wasser fällt. Es wird wieder ein netter Abend.
Freitag, der 6. Mai
Für heute ist das Verholen der Yacht geplant. Ich bin zeitig auf den Beinen und bereite schon mal alles vor. Jürgen hilft beim Ab- und Anlegen.
Wenn der Marinero nicht so eine Schlafmütze gewesen wäre, dann wäre es ein perfekter erster Anleger geworden. Wir stehen bereits am neuen Platz, aber die Mooringleine die den Bug halten und stabilisieren soll, ist noch nicht bereitgelegt. Wir driften ab und machen unfreiwillig enge Bekanntschaft mit unserem neuen Nachbarboot und deren Besitzerin. Sie heißt Elaine, wie sich herausstellt, kommt ursprünglich aus England und spricht deutlich schneller als ich geistig ins deutsche übersetzen kann. Aber sie ist gut drauf und hilft mit, die Situation gekonnt zu entschärfen. Irgendwann kommt auch der unerfahrene junge Marinero mit der Mooringleine in die Gänge und wir trennen uns wieder von Elaines Spicy Lady und sind am neuen Platz angekommen. Das war mein kürzester Törn in meiner Segellaufbahn.
Bis auch die letzte Festmacherleine zu meiner Zufriedenheit positioniert ist, dauert es noch ein paar Stunden und viele Schweißtropfen. Aber dann bin ich ganz froh hier zu sein und gönne mir erst mal eine ausgiebige Dusche und ein frisches T-Shirt. Nachmittags geht es auf große Rollertour.
Abends bleibe ich an Bord, lese ein Buch und lausche der Livemusik, die recht nett und gar nicht so laut ist wie befürchtet.
Samstag, der 7. Mai
Ich muss schon wieder bald aufstehen. Hab mir gestern noch ein Ticket für die Fähre zur Insel Kastellorizon gebucht. Meis nennen die Türken das Eiland das mal griechisch mal türkisch war. In aller Welt wird auf den Fahrkarten die Abfahrtszeit abgedruckt. Nur hier wurde die Ankunftszeit auf der Insel angegeben, so hätte ich um ein Haar die Fähre verpasst. Da es sich, trotz Kurzausflug, um grenzüberschreitenden Verkehr aus bzw nach Europa handelt, sind die Passkontrollen entsprechend umfangreich und langwierig. Und in brütender Hitze auch ziemlich zermürbend. Die Insel besteht eigentlich nur aus dem Hafen mit seinen umliegenden Häusern, einer Kirche, einem Museum und dem Kastell Rosso von dem Kastellorizon letztendlich seinen Namen hat. Ganz Verwegene können noch den Berg hochsteigen bis zur Wetterstation. Zuhause in Deutschland hat mir unser griechischer Freund und Wirt erzählt, dass die Regierung viel Geld gezahlt hat, damit sich Einwohner hier ansiedeln. So entlegen ist die Insel und so dicht an der Türkei.
Nach anderthalb Stunden habe ich die Burg besichtigt, drei Hafenrunden gedreht und war in der Kirche. Das Museum habe ich beim besten Willen nicht gefunden. Eigentlich könnte ich jetzt wieder zurück, aber die Fähre geht erst in drei Stunden. Selbst wenn man die griechische Lebensart befolgt, sind drei Stunden Mittagessen zu lange. Ich mache in einer Art Park auf einer schattigen Bank ein Schläfchen, bevor es zurück nach Kas geht.
Heute ist mein letzter Abend. Wir verabreden uns zum Sundowner in der Oxygen-Bar. Neben Jürgen stoßen noch Joanna und Marcel hinzu. Ein Pärchen das zusammen mit Hund Nico die Welt besegelt hat und seit Corona in der Türkei hängen geblieben sind. Ihre Yacht hat Motorschaden und sie haben dadurch ziemlich viel Ärger am Hals. Wir kennen uns jetzt schon etwas länger und die Gespräche sind immer recht interessant. So wechseln wir zum Absacker noch ins Winehouse und fühlen uns auch dort recht gut aufgehoben.
Joanna, Marcel und Nico
Sonntag, der 8. Mai
Mein Transfer geht erst um die Mittagszeit. So kann ich MERLIN in aller Ruhe noch „einmotten“. Auch das ist ein positiver Aspekt der Reiseplanung. Elaine verspricht mir, gut auf mein Boot aufzupassen. Wenngleich sie nicht versteht, warum ich schon wieder Heim muss. Ehrlich gesagt, für einen Moment verstehe ich es auch nicht.
Auf was habe ich mich da nur eingelassen, drei absolute Laien zum Segeln mitzunehmen? Ich muss verrückt geworden sein. Schon bei der Vorbesprechung ging es eigentlich nur übers Kochen, Essen und Trinken. Halt nein, noch ein Thema war groß im Kurs. Mittel gegen Seekrankheit und ihre Wirkung. Und dann noch die Namen. Angelika, Andrea, Andreas. Da komme ich in der ersten Stress-Situation garantiert durcheinander. Vielleicht sollte ich sie in eins, zwei, drei umtaufen. Aber wer ist dann eins, wer zwei, wer drei?
Wie üblich bin ich bereits einen Tag vor der Crew angereist. Es gibt ja immer viel zu klären und diverse Vorbereitungen sind zu treffen.
Verspätung!
Meine Sorgen und mein Gefühlszustand verbessern sich auch nicht, als der Flieger eine dreiviertel Stunde Verspätung hat. Einzig der Fahrer, der mich von Antalya nach Kaş bringt, sorgt für kurzzeitige Aufheiterungen. Als er mit Vollgas durch die Stadt rast und die fünfte rote Ampel überfuhr musste ich dann doch schmunzeln. Die Flugverspätung hat er locker wieder Wett gemacht und sein Trinkgeld redlich verdient.
Kas Marina bei Nacht
Der absolute Schlag ins Gesicht kam aber erst noch, als mir am nächsten Morgen so richtig bewusst wurde, dass der neue Jahresvertrag für meinen Bootsplatz das Dreifache kosten soll. Eine unverschämte, fast schon kriminelle Preissteigerung, die selbst die Inflation in der Türkei bei weitem nicht wettmachen konnte.
Auch wenn ich mir nichts anmerken lassen wollte, war mir mein Gefühlszustand wohl anzusehen, als die Crew am Freitagabend eintraf.
Es ist immer lustig mit anzusehen, wenn Neulinge das erste Mal über die Passarella aufs Schiff balancieren. Dem Abgrund so nahe! Nach einer kurzen Einweisung und Verteilung der Kojen, ging es zum Abend- und anschließend zum Eis essen in die Stadt. Der darauf folgende „Absacker“ an Bord dauerte bis über Mitternacht. Wir hatten uns viel zu erzählen und langsam wurde mein Frust von Urlaubsstimmung übertönt.
Samstag, der 17. September 2022, 08:00 Uhr
Stahlblauer Himmel, Sonne, Luftdruck 996hPa, 32 Grad
Obwohl ich im Salon schlafe, hat mein vorab angekündigtes Schnarchen niemanden gestört. Vieleicht weil hie und da auch leichtes Röcheln aus den anderen Kabinen drang. Um 08:00 Uhr kommt langsam Leben ins Boot. Zum Glück sind diesmal keine Frühaufsteher dabei, die sich schon vor Sonnenaufgang am Oberdeck zu schaffen machen.
Wir hatten vereinbart das Segelabenteuer langsam anzugehen. So bleiben wir heute noch in der Marina. Gewöhnen uns ans Bordleben, erkunden die Umgebung, gehen einkaufen und erledigen Restarbeiten an Bord. Dinghi aufblasen, Außenborder und Heckleinen-Rolle anbringen, Wasser bunkern usw. usw.. Doch zuvor ist erst mal das obligatorische türkische Frühstück angesagt. Unter Deck läuft den halben Tag der Ventilator, da die 32 Grad ohne ein Lüftchen ansonsten unerträglich sind.
Am Abend, als alles erledigt und das Boot abfahrbereit war, ging es noch mal in die Stadt ins Sempathi, eines meiner Stammlokale. Auch an der Oxygen-Bar in der Marina war kein Vorbeikommen.
Sonntag, der 18. September 2022, 08:00 Uhr
Sonne und leichte Bewölkung, Luftdruck 995hPa LOG 23246 NM, Motor 2146,4 Std.
Jetzt wird es aber Zeit los zu fahren. Das Frühstück beschränkt sich auf eine Tasse Pulverkaffee. Noch frisches Brot bunkern und um 10:00 Uhr machen wir die Leinen los. Der Ableger läuft wie am Schnürchen. Ich bin stolz auf meine Einweisungskünste. Aber auch auf die Auffassungsgabe der Crew. Unter Motor geht es ums Kap, dann Richtung Osten. Gegen 12:00 Uhr haben wir unser Tagesziel voraus. Eigentlich viel zu früh um schon wieder zu Ankern. Die Crew ist noch absolut fit und wir entscheiden bis Kekova weiter zu fahren. Nach der Durchfahrt bei der Insel Ić Ada Adasi machen wir unsere ersten Segelversuche. Auch hier klappt alles perfekt. Vielleicht hätte ich mir im Vorfeld gar keine so großen Sorgen machen müssen.
Nach der Einfahrt nach Kekova biegen wir links ab, Richtung Polemos Bükü. Der Düseneffekt in der Bucht ist wieder enorm. Aber bekanntlich hält der Ankergrund gut. Das zeigt auch der eingerichtete GPS-Ankeralarm. MERLIN tänzelt wie gewohnt sehr schwungvoll um die Ankerkette, aber wir bewegen uns, trotz der 28kt. Wind, nicht von der Stelle. Motor aus, Gasherd an! Bei Puten Cordon Bleu, Salzkartoffeln und Melonen-Schafskäse-Salat genieße ich es, dass mal wieder zwei Mädls an Bord agieren.
Gegen 20:00 Uhr lässt der Wind nach. Ein kurzweiliges Kartenspiel dominiert den Abend. Aber letztendlich sitzen wir dann doch alle an Deck und bewundern den überwältigenden Sternenhimmel. Das sind die Abende die das Segeln so besonders machen.
Montag, der 19. September 2022. 08:30 Uhr
Sonne und leichte Bewölkung, Luftdruck 995hPa LOG 23246 NM, Motor 2150,7 Std.
Nachdem der Wind immer erst am Nachmittag einsetzt, gehen wir den Tag etwas ruhiger an. Die vorgeschlagene Wanderung zur versunkenen Lykischen Stadt wird mehrheitlich abgewählt. Dafür gibt es ein ausgiebiges Frühstück, mehrere Runden im Wasser ums Boot und ein Sonnenbad. Beim Tauchen stelle ich fest, dass praktisch kein Algenansatz am Unterwasserschiff ist. Die teure Copper Coat Beschichtung hat sich also gelohnt. Wir montieren den vergessenen Geschwindigkeits-Sensor um endlich Fahrtanzeige, Fahrstrecke und den scheinbaren Wind ablesen zu können. Eine Zeit lang bilden sich einige Tropfen um den Sensor. Irgendwann ist er dann aber dicht geworden.
Gegen 12:30 holen wir den Anker auf und verlassen die Kekova-Bucht. Draußen herrscht optimales Segelwetter. Wenig Welle, 8 bis 12kt Wind. Wir kreuzen, halsen, fahren Schmetterling, das volle Programm und genießen den herrlichen Segeltag.
Captain Andi
Gegen 15:30 Uhr dampfen wir in die Bucht, die Ingrid damals als Karibik-Bucht bezeichnete. Das Wasser ist immer noch türkiesblau. Aber im Gegensatz zu damals, als wir hier alleine ankerten, zählte Andrea diesmal 26 Boote. Unter Anderem Gullets mit ohrenbetäubenden Lautsprecheranlagen. Die Crew leistete sich ein Bad im herrlichen Wasser, während ich darauf aufpasste, dass keiner seinen Anker über meine Kette legt. Mir ist das zu viel Trubel. Nichts wie weg hier!
Wir runden noch die kleine Insel mit der rückgebauten Taverne, der gekappten Stromleitung und der spektakulären Höhle und nehmen Kurs Richtung Ügacik. Es entflammt eine lange Diskussion, warum das Adventure Packet 1 nicht gebucht wurde und deshalb keine Delfine zu erwarten sind.
Hassans Bildergalerie
Gegen 17:00 Uhr ankern wir vor dem Gemeindesteg auf 6 Meter Tiefe mit 50 Meter Kette. Sicherheitshalber und hoffend, dass auch heute der Wind nachts wieder einschläft.
Hassans Tochter holt uns um 19:00 Uhr mit dem neuen Boot ab. Auch wenn es das teuerste Abendessen des Törns wird, so ist es doch immer ein recht netter Abend bei Hassan, seiner Frau und seinen beiden Töchtern. Bei der Rückfahrt passiert der Klassiker und Andrea nimmt unfreiwillig beim umsteigen zwischen den Booten ein Bad. Aber sie ist tapfer und lässt sich ihre Blessuren nicht anmerken. Zum Absacker gibt es Musik von Queen. Der Abend wird wieder endlos lang.
Dienstag, der 20. September 2022. 09:00 Uhr
Sonne, Luftdruck 995hPa LOG 23264 NM, Motor 2153,2 Std.
Der Raki gestern war wohl etwas zu viel des Guten. Ein Käffchen zum munter werden. Anker auf um 10:30 Uhr. Wir verlassen Kekova und fahren schon mal ein gutes Stück zurück Richtung Kaş. Der Wind kommt genau gegenan, ergo müssten wir „draußen“ nach der Kursänderung ideale Segelbedingungen vorfinden. Aber genau wie sich unser Kurs ändert, so ändert auch der Wind seine Richtung. Irgendwie kommt mir das bekannt vor. Wir haben die ganze Strecke Gegenwind. Und zum Aufkreuzen ist er noch zu schwach um wirklich vorwärts zu kommen. Er nimmt erst zu, als wir unser Tagesziel bereits erreicht haben. Unter starken Fallböen ankern wir in Ince Burun an gewohnter Stelle auf 11 Meter Tiefe mit 60 Meter Kette. Sicher ist sicher. Der Wind legt abends noch mal deutlich zu und MERLIN beginnt sein Tänzchen. Für uns aber kein Grund nicht noch einmal die angenehmen Wassertemperaturen zu genießen. Anschließend gibt es eine bunte Gemüsepfanne „ohne“ Hähnchenkeulen. Eine Email der Fluggesellschaft reißt uns aus unserem Urlaubsmodus. Wir sollen die Sitzplätze für den bevorstehenden Rückflug buchen.
Der letzte Abend vor Anker wird wieder lang. Im Hintergrund die tausend Lichter der Stadt und über uns der Sternenhimmel. Wie gewohnt lassen irgendwann der Wind und die Böen nach. Es wird noch viel diskutiert, ob eine Nachzahlung für ein nur teilweise erfülltes Adventure Packet notwendig ist. Das Planktonleuchten wird vermisst. Willi ist Krank und der Lämmergeier schreitet zur Tat. Um 01:48 Uhr verlischt das letzte Licht unter Deck. Das Ankerlicht strahlt neben den Sternen noch weiter.
Mittwoch, der 21. September 2022. 0800 Uhr
Sonne, Luftdruck 992hPa LOG 23282 NM, Motor 2156,6 Std.
Wir machen zeitig los. Der Wetterbericht sagt bereits ab Mittag Starkwind voraus. Die Crew ist zwar mittlerweile ein eingespieltes Team. Trotzdem möchte ich nichts Unnötiges riskieren. Gegen eine lange Restwelle und Gegenwind geht es Richtung Marina. Um 10:30 Uhr sind wir bereit zum anlegen. Einer der Marineros, ein Neuling vermutlich, bekommt unsere Mooringleine in seine Schraube. Wir setzten ohne Hektik ein zweites Manöver an. Aber auch da fängt er sich die Leine ein. Sein Kollege am Steg schlägt die Hände über dem Kopf zusammen. Beim dritten Versuch klappt es endlich. Im Gegensatz flutscht bei uns an Bord das Anlegemanöver optimal. Kein Fehler, kein lautes Wort. Einfach perfekt. Der erwartete Wind setzt etwas später erst ein. Dann aber richtig heftig. Ich bin froh bereits im Hafen zu sein.
Eine kurze, aber spannende Woche geht zu ende. Morgen geht’s für einige zurück ins kalte verregnete Deutschland. Die Crew war optimal. Eigentlich hätte ich mir wirklich keine so großen Gedanken machen müssen.
Es war eine absolut ruhige Nacht. Mit wenig „Männleinlaufen“ zur Toilette. Nachdem ich die letzten Töns immer im Salon, quasi auf dem Sofa geschlafen habe, bekomme ich zwangsläufig jede nächtliche Bewegung mit. Aber diese Nacht ging´s eigentlich. Wahrscheinlich weil die Anreise doch relativ beschwerlich und zeitraubend war. Und somit die Müdigkeit überwiegte.
Das Frühstück nehmen wir entspannt im Marina-Restaurant ein. Wir haben keine Eile, haben den ganzen Tag Zeit für Vorbereitungsarbeiten, Dokumentenkram und Einkäufe. Die Stegnachbarn Jürgen und Burkhard kommen unter Tags zu einem kleinen Plausch vorbei und wir verabreden uns für abends ins Sempati https://www.facebook.com/SempatiTurkishCuisine/, eines meiner Lieblingslokale in Kaş. Doch zuvor gibt es noch eine Sicherheitsunterweisung an Bord. Da wir mit Udo einen Segelneuling an Bord haben, fällt die Unterweisung mal wieder sehr ausführlich aus. Bis hin zum Batteriewechsel an den Blitzleuchten der lange nicht mehr getragenen, Schwimmwesten. Udo ist in letzter Minute für Franz eingesprungen, der aus gesundheitlichen Gründen nicht mitfahren konnte. Er ist aber per WhatsApp-Törn-Gruppe quasi Live zugeschaltet
Ich falle aus allen Wolken, als Jürgen beim Abendessen erzählt, dass er erst am Montag auslaufen und das Schlechtwettergebiet am Wochenende abwarten will. Habe ich doch die letzten Tage intensive Wetterstudien betrieben und für die ganze Woche hervorragendes Segel- und Badewetter prognostiziert. Aber ein Blick in den Windfinder bestätigt Jürgens Aussage. Ab Freitagnachmittag wird´s heftig.
Beim Absacker an Bord diskutieren wir noch lange übers Wetter und die damit verbundenen möglichen Planänderungen. Eigentlich wollten wir mal wieder Richtung Fethiye und Göcek hoch um uns die Woche da oben rumzutreiben. Ursprünglich sogar bis Ekincik zu segeln. Aber daraus wird wohl nichts werden. Jedenfalls nicht die ganze Woche lang. Außerdem begrenzt die Tageslänge im Oktober schon merklich den Aktionsradius. Zumindest, wenn man Nachtfahrten vermeiden will.
Die Diskussionen dauern noch lange an. Und nebenbei wird mir klar, wir haben das falsche Bier zu Wein Verhältnis eingekauft.
Mittwoch, der 12. Oktober 2022, 07:00 Uhr
Sonne und hohe Cirrusbewölkung, Luftdruck 1003hPa, 24 Grad
Log 23.290 NM; Motor 2.158,2 Std.
„Guten Morgen Sonnenschein“ Der Song von Nana Mouskouri reißt uns aus dem Schlaf. Das recht nervige Lied hat uns schon häufig als Weckruf an Bord begleitet. Lars hat es wohl nicht vergessen und auf seinem Handy eingeschmuggelt.
Wir verzichten auf ein opulentes Frühstück und legen bereits um 08:00 Uhr ab. Der erste Ableger funktioniert tadellos. Alle scheinen aufgepasst zu haben. Wir nehmen Kurs 270 Grad auf. Richtung Karakaören. Im Tagesverlauf nehmen Wind und Welle zu. Leider genau gegenan. Aufkreuzen können wir uns leider nicht erlauben, da es bereits um 18:30 Uhr dunkel wird. Wir stampfen ziemlich in die Wellen ein und werden immer langsamer. Um 11:30 Uhr querab Yilan Adasi kommen die ersten Zweifel auf, ob wir das Ziel rechtzeitig erreichen, oder doch lieber umkehren sollen. Wir entscheiden weiter zu fahren. Um 17:30 Uhr erreichen wir die navigatorisch anspruchsvolle Einfahrt. Es stehen schon etliche Yachten im Bojenfeld. Der sonst so aufmerksame Tavernen-Besitzer ist leicht überfordert und merkt gar nicht, dass wir uns an den anderen Yachten vorbei gemogelt haben. Erst als wir festgemacht und ihm gerufen haben, bemerkt er uns. Er teilt uns mit, dass eigentlich alles reserviert ist, da eine Regatta sich für den Abend angemeldet hat. Aber, nachdem wir nun mal da sind, dürfen wir bleiben und bekommen sogar ein Abendessen.
Karakaören
Gegen 19:30 Uhr, nachdem alles zugeparkt ist und die russischen Regattateilnehmer so langsam in Partystimmung kommen, gehen wir zurück an Bord. Dort ist der Lärm etwas erträglicher. Wir sind ziemlich erschöpft und nach dem allabendlichen Absacker begleitet von Tinder-Tittengewackel fallen wir rechtschaffend müde um 23:00 Uhr in die Kojen. Schwell schaukelt uns in den Schlaf.
Donnerstag, der 13. Oktober 2022, 07:30 Uhr
Sonne, Luftdruck 1004hPa; LOG 23340 NM, Motor 2167,8 Std.
Wir wollen uns frühzeitig aus dem Staub machen. Bevor uns der Regatta-Trubel einnimmt. Aber der Motor macht keinen Zucker. Beim dritten Versuch springt er wiederwillig an. Vorsichtig bewegen wir uns durch das Bojenfeld, damit kein Russe erwacht.
Fetiye, Göcek und Ekincik können wir uns abschminken. Wir gehen auf Gegenkurs, zurück Richtung Kas. Ich will bei Durchzug der Front nicht zu weit von der Marina entfernt sein. Ein unangenehmer Schwell, vermutlich die Restwelle des Vortags, macht das Frühstück an Deck spannend. Gegen 11:00 Uhr setzt achterlicher Wind ein und wir kommen unter Segel recht gut voran. Teils Schmetterling, teils Vorwindkurs geht es um 13:30 Uhr bereits dem langen Sandstrand entlang. Nach einer Flaute unter Motorfahrt bekommen wir ab Kalkan wieder gute Segelbedingungen.
Bereits um 17:30 Uhr erreichen wir unseren Ankerplatz in der Bucht Ince Burun. Wir ankern auf meinem Stammplatz mit 50 Meter Kette auf 10,8 Meter Tiefe. Dort findet sich dann auch recht bald Udos Schwimmflosse. Bergeversuche scheitern.
Kapitäns Dinner
Am Abend gibt es die berühmt berüchtigten Spaghetti mit zweierlei Saucen. Ich überlege, wie lange es diese Tradition wohl schon gibt. Dreißig Jahre werden nicht reichen. In der Verdauungsphase entfachen rege Diskussionen rund um die Fliegerei. Da bleibt kein Auge trocken. Ich liebe diese Abende ohne Fernseher, dafür mit Geschaukel.
Ein letztes Bier an Deck. Die Silhouette der Stadt Kas spiegelt sich im Meer. Das Kreuz des Südens über uns. Oder ist´s der kleine Wagen?
Freitag, der 14. Oktober 2022. 08:00 Uhr
Sonne und leichte Bewölkung, Luftdruck 1000hPa LOG 23394 NM, Motor 2175,6 Std.
Leider ist das WLAN Guthaben aufgebraucht. Wir erhalten deshalb keine neuen Wetterinformationen. Wir verwerfen die Idee nach Kekova runter zu segeln, da nicht sicher ist, ob wir am Samstagmorgen noch vor dem Wetterwechsel zurück sein können.
Somit haben wir Zeit zum Baden und für ein ausgedehntes Nobelfrühstück.
Gegen 10:30 Uhr laufen wir aus der Bucht. Der Motor springt auf Anhieb an. Es herrscht moderates Segelwetter mit wenig Welle. Wir kreuzen und halsen wie die Teufel, aber ohne konkretes Ziel. Jeder der will, darf mal ans Ruder. Immer im Auge, die Wolken der herannahenden Front.
Meist ist die Tankstelle bei der Marina verwaist. Selten, dass sich dort ein Boot länger aufhält. Aber als wir anrücken staut es sich schon im Hafenbecken. Eine Yacht betanken kann sehr zeitraubend sein. Zumal wenn sich Schlauchboot-Heinis vordrängen.
Nach einer Stunde, so gegen 15:00 Uhr ist unser Törn dann vorerst zu ende. Wir sind wieder am Steg C angekommen.
Yesil Restaurant
Es gibt vermutlich hundert Kneipen in Kaş. Aber mich zieht es immer wieder in die Selben. Diesmal ins Yesil Restaurant. Ein ganz einfacher Laden, aber mit vielen Eintopfgerichten zur Auswahl zu einem unschlagbaren Preis. Den Absacker nehmen wir in der Barcelona Bar https://www.facebook.com/groups/18138365959/ wo sich immer viele Deutsche Schiffseigner treffen. Den zweiten Absacker gibt´s dann an Deck.
Samstag, der 15. Oktober 2022. 07:00 Uhr
Stark bewölkt, Luftdruck 998hPa LOG 23407 NM, Motor 2177,6 Std.
Serkan hat eine neue Starterbatterie besorgt und will sie heute gleich einbauen. Die Crew unternimmt derweil einen Tagesausflug nach Kastelorizo (GR). Das ist eine vorgelagerte kleine Insel mit einer typisch griechischen Hafenfront, kleinen Lokalen und Läden sowie einer historischen Kirche. Im Laufe der Jahrhunderte wechselte die Insel mehrmals den Besitzer. Zunächst zum Reich Alexander des Großen gehörig, wurde sie Römisch, dann Byzantinisch. Sogar Kreuzritter aus Rhodos belagerten sie. Anschließend wechselte sie mehrmals vom osmanischen Reich nach Griechenland und zurück. Wodurch sie von den Türken immer noch Meis genannt wird. Ohne die Tagestouristen wäre sie heute fast eine Geisterstadt.
Gegen 17:00 Uhr kommen die Jungs mit Ouzo und Havannas zurück.
Das Wetter wird immer heftiger. Der starke Regen zwingt uns am Abend in der Marina zu bleiben. In der Oxygen-Bar wurden durchsichtige Folienvorhänge angebracht, die verhindern, dass die Spezial-Burger nass werden und das Bier nicht immer dünnflüssiger wird. Draußen blitzt und donnert es ohne Unterbrechung.
In der Nacht nimmt der Wind noch weiter zu, so dass MERLIN mittlerweile fast mit dem Heck an den Steg gedrückt wird. Außer beobachten lässt sich an dem Zustand derzeit aber nichts ändern. Gegenüber von uns steht ein großer Catamaran dessen linker Rumpf bei dem Wellengang versucht die Stromsäule umzuknicken. Es ist niemand an Bord und wir hoffen, dass das Schiff nicht leck schlägt.
Erst weit nach Mitternacht beruhigt sich das Wetter etwas.
Sonntag, der 16. Oktober 2022. 08:30 Uhr
Dunkle Wolken, kein Regen, Luftdruck 998hPa Log 23.429 NM Mot. 2180,0 zum Törnende.
Vorm Waschraum hat es einen Baum umgelegt. Alles liegt voll Blüten, beinahe wie bei einer Hochzeit. Am Wellenbrecher liegt ein halb versunkenes Boot quer im Wasser. Wir sind uns aber nicht ganz sicher, ob es nicht schon vor dem Sturm dort lag.
An segeln ist heute nicht zu denken. Die Crew macht einen Landausflug und besichtigt u.a. das Amphitheater.
Gegen 17:00 Uhr beginnt es erneut zu regnen. Das ist aber nicht der Grund weshalb wir an Bord zu Abend essen. Vielmehr ist Ebbe in der Bordkasse. Und obendrein ist noch sehr viel Proviant übrig. Mit den mitgebrachten Würsten können wir glatt einen fränkischen Abend gestalten.
Anschließen wird Willi krank und kann nur mit einer Weinkorkentherapie geheilt werden. Es besucht uns Bembers mit seinen Schafen und noch so einige Gestalten. So wird es auch diesmal wieder 23:30 Uhr.
Montag, der 17. Oktober 2022. 08:00 Uhr
Sonne, von Osten hohe Schichtbewölkung, Luftdruck 1000hPa
Das Barometer klettert langsam wieder. Wir beschließen noch mal raus zu fahren. Zum Frühstück lassen wir uns ein Stück treiben, genießen die Tasse Kaffe und die Landschaft ringsum. Um 10:00 Uhr geht’s weiter Richtung Kalkan, der hohen Bewölkung ausweichend. Udo ist am Ruder und testet seine Fähigkeiten. In Fliegerkreisen würde man von Rollübungen sprechen. Um 11:30 Uhr erreichen wir Saribelen Adasi. Die kleine unbewohnte Insel soll uns für einen ausgiebigen letzten Badestopp dienen. Alte Erinnerungen werden wach. Hier ankerte ich vor 5 Jahren mit Ingrid. Zur Erholung nach einer stürmischen und schlaflosen Nacht.
Am Rückweg gab es nochmal recht brauchbare achterliche Winde. Auch wenn andere noch mal ans Steuer wollten, ließ ich es mir nicht nehmen, selbst bis Kas zurück zu segeln. Vielleicht ist es ja das allerletzte Mal.
Gegen 16:00 Uhr endet der Törn mit einem Manöverschluck und einem perfekten Anleger am Steg C Platz Nummer 1. Nach 139 NM mit 21,8 Stunden Motorlaufzeit.
Bis zu meiner Haustüre durfte ich bei einem Mitsegler mitfahren, dessen Frau uns am Flughafen Nürnberg abgeholt hatte. Auf ihre Frage, wie´s denn war, kam die Antwort, dass es in Kaş sehr viele gutaussehende Russinnen mit aufgespritzten Lippen gab. Und dass am Fernseher in einer Bar eine geile Hochleistungs-Segelregatta zu sehen war.
Da frage ich mich doch, wie unterschiedlich die Eindrücke einer Reise sein können.
Tja, nun sitze ich schon wieder alleine am Nürnberger Flughafen an irgend so einem Gate herum und warte auf den Touristenbomber. Die letzten Wochen waren sehr ereignisreich. Um nicht zu sagen turbulent und letztendlich auch frustrierend. MERLIN sollte nun endlich verkauft werden. Seit wir vor vier Jahren Hundenachwuchs bekommen haben, geht Ingrid nicht mehr mit zum Segeln. Und es wird immer schwieriger Mitsegler zu begeistern. Schweren Herzens habe ich, nach 14 Jahren, MERLIN zum Kauf angeboten. Interessenten haben sich Einige gemeldet. Sogar aus der Schweiz und aus Kroatien. Letztendlich standen zwei Türken in der engeren Wahl. Sie waren bei der Besichtigung und Probefahrt sehr begeistert. Im Vorfeld wurden viele Dokumente gescannt und verschickt, gefühlt 100 Fragen beantwortet und geklärt. Dann haben die Beiden per WhatsApp den Kauf besiegelt.
Nun sitze ich kopfschüttelnd am Gate 19 und warte auf irgendeine Boeing. Das Ticket hatte ich vorgestern gekauft, um meine persönlichen Sachen aus dem Boot mit nach Hause zu nehmen und die Schlüssel zu übergeben. Und letztendlich um mich bei MERLIN zu verabschieden.
Frustbier
Gestern Abend kam dann die Absage der Türken. Ich war wie vorn Kopf geschlagen. Für mich war´s eine 180 Grad Wende. Alles was ich wohlweislich nach dem letzten Törn schon mit Heim genommen habe, musste nun wieder mit runter. Das Boot musste winterfest gemacht werden. Ein neuer Liegeplatzvertrag musste für Schweinegeld geschlossen werden. Oje, ich stand immer noch neben der Kappe. Der Rest des Tages lief ab wie ein Film. Seesack vom Band – Transfer – Boot elektrifizieren und für die Nacht klar machen – Abendessen. Erst nach einigen Frustbierchen kam ich zur Ruhe.
Samstag, der 12. November
Um acht Uhr drückt die Blase. Dann noch ein paar „Minütchen“ ruhen. Als ich wieder aufwachte und auf die Borduhr sah, war es nach zehn. Das letzte Bier war wohl doch zu viel.
Ümit der Marina-Chef war nicht im Büro. Klar, es war Samstag und ich unangemeldet. Es wurde mir ein Zettel mit einer handschriftlichen Zahl gereicht. 91.700 Türkische Lira kostet mein neuer Liegeplatzvertrag. Ziemlich genau das dreifache vom letzten Jahr. Ich wurde blass und bekam Schnappatmung. Natürlich könne ich am Montag mit dem Chef reden, aber bis dahin könne sich der Preis sicherlich noch mal verändern. Ich nahm das Risiko auf mich und verlies aufgebracht das Büro.
Mit meinem Freund, der mir beim Einwintern hilft, bzw. ich ihm helfe, habe ich mich für Sonntag verabredet. So erledigte ich schon mal alle möglichen Vorarbeiten, die ich alleine hinbekomme. Die Bestandsaufnahme der Kopfkissen und Decken gestaltete sich schwieriger als erwartet. Eine Tabelle musste her.
Für Abend machte Monika den Vorschlag zum Essen zu gehen. Ich hatte aber immer noch großen Bedarf mit mir selbst ins Reine zu kommen und blieb letztendlich an Bord.
Sonntag, der 13. November
Die Bohrungen müssen neu gesetzt werden.
Es herrscht immer noch T-Shirt Wetter. So bin ich froh, dass noch eine kurze Hose an Bord war. Zunächst bauen wir den neu beschafften Kartenplotter in die Steuersäule ein. Die Bohrungen passen natürlich nicht zum Vorgängermodell. Sonst wär es ja einfach. Anschließend werden die Segel gewaschen und vom Salz befreit. Meinen Nachbarn auf der Spicy Lady warne ich vor, dass es etwas spritzen könnte. Ich bekomme eine typisch englische Antwort: „Das macht doch nichts, ich bin doch Engländer“. Bis die Segel trocknen kaufen wir uns ein Bier vom Fass und sehen dem Trocknungsprozess von der Bar aus zu.
Anschließend muss das Dinghi noch verstaut und die Rettungsringähnliche Tasche abmontiert werden. Es wird dunkel. Mein Freund und Helfer will nach Hause. Schließlich hat er seinen Sonntag für mich geopfert. Ich kann ihm nur immer wieder danken. Mensch, wenn ich ihn nicht hätte.
Zum Abendessen treffe ich mich mit Monika und Burkhardt im Yessil-Restaurant. Es ist gerammelt voll. Resteessen ist angesagt.
Den „Absacker“ nehme ich unter Deck und sehe mir am iPad einen Schwarzweißfilm der Serie Raumpatrouille Orion an. In den 70ern ist mir gar nicht aufgefallen, dass im schnellen Raumkreuzer Plastikbecher und Bügeleisen verbaut wurden.
Montag, der 14. November
Ein Pulverkäffchen an Deck. In T-Shirt und Shorts, versteht sich. Schon erstaunlich für Mitte November. Um 11:00 Uhr folgt das vereinbarte Gespräch mit Ümit. Zu meinem Entsetzen war die Zahl auf dem kleinen Zettel vom Samstag auch schon nicht mehr gültig. Alles Jammern half nichts. Ümit hat sich redlich bemüht, mir noch etwas entgegen zu kommen. Um 4.700,- € erleichtert verließ ich das Büro. Aber immer häufiger kommt mir dem Liedermacher Wolfgang Buck sein Spruch in den Sinn: „Jammern auf hohem Niveau – Meine Swimmingpool-Heizung treibt mich noch in den Ruin“. Mit der Unterschrift auf dem Vertrag, geht es in die nächste Runde. Es wird also im kommenden Jahr noch einige erlebnisreiche Wochen unter Segel geben.
Nachbarskatze. Ganz schön mutig!
Bis 16:00 Uhr sind noch einige Restarbeiten nach Checkliste auszuführen. Dann werde ich abgeholt. Kas – Antalya – Nürnberg. Weit nach Mitternacht bin ich wieder daheim. Die Reise ist zu ende, aber die Abenteuer gehen wohl weiter!
Zwei Jungs aus dem Nachbarfliegerclub haben mich angesprochen. Sie haben im Herbst, im Bayerischen Meer und auf unserem fränkischen Planschbecken, dem Brombachsee, ihren Segelschein und Sportbootschein gemacht und wollten nun mal spüren, wie sich so ein Törn auf dem „echten“ Meer anfühlt.
Für mich klang es verlockend, mal wieder zwei Segelnovizen mitzunehmen. Nicht immer die gleichen Typen, die gleichen Gesichter sehen und die gleichen Sprüche hören. Kalle, mein engster Freund und Flugzeugpartner der auch Fluglehrer der Beiden war und ebenfalls Pilot im Nachbarverein ist, war als vierter Mann sofort begeistert und bereit mitzufahren.
Fliegerisch sind die beiden Jungs längst auf Augenhöhe, wenn sie uns nicht sogar schon überstiegen haben. Aber auf dem Wasser gibt es wohl noch viel Potenzial.
So vereinbaren wir nach zwei lockeren Sitzungen einen gemeinsamen Törn für Mai 2023.
Samstag, der 6. Mai 2023
Wie üblich fliege ich zwei Tage voraus, um das Schiff klar zu machen und in der Marina alles Notwendige zu erledigen. Aber der Tag geht schon schön los. Der Flieger hat in Nürnberg schon mehrere Stunden Verspätung. Statt um 11:25 Uhr soll es um 14:20 Uhr erst losgehen. Und selbst diese Startzeit verzögert sich noch einmal.
Statt am Spätnachmittag entspannt an der Hafenfront im Pub zu sitzen, trudle ich, mit entsprechend Durst und Kohldampf, erst gegen 22:30 Uhr in der Marina ein. Gott sei Dank hat der Supermarkt noch offen. Dann folgt der nächste Tiefschlag. Ab 22:00 Uhr darf kein Alkohol mehr verkauft werden. Der Verkäufer stimmt mir zu, dass dies Schwachsinn sei. Aber trotz Bitten und Betteln ließ er sich nicht erweichen ein paar Dosen raus zu rücken. An einer Bar die gerade schließt bekomme ich für Schweinegeld noch zwei 0,33er Tuborg. Aber Hauptsache der erste Abend ist gerettet.
Sonntag, der 7. Mai 2023
Für Mai ist es erstaunlich ruhig in der Marina. Nicht mal ein Drittel der Yachten ist bewohnt. Vielleicht liegt es auch am Wetter. Denn so kalt habe ich es in dieser Jahreszeit hier noch nicht erlebt. Der Klimawandel ist wohl auch in der Türkei nicht mehr zu leugnen.
Zur Verlängerung des Transit-Log treffe ich mich mit Okan, meinem Agenten. Seine Freundin läd mich gleich ein mit zu Frühstücken und ich werde regelrecht vollgestopft mit leckeren Sachen. Danach tut es gut, mir die Beine etwas vertreten zu können. In Kaş, meinem liebenswerten Zweitwohnsitz ist alles beim Alten. Um es nicht zu vergessen kaufe ich gleich die von Ingrid in Auftrag gegebenen Muskatnüsse ein. Der Einkauf macht den gestrigen überteuerten Bierpreis wieder wett. Und außerdem reicht die Menge an Nüssen vermutlich bis an unser Lebensende. Nachmittag beginnt es zu regnen.
Als das Deck wieder einigermaßen abgetrocknet ist, kommen meine Freunde Monika und Burkhard zu Besuch. Es gibt viel zu erzählen. Die Besitzverhältnisse ihrer Yacht verändern sich gerade. Und die Heimreise mit dem Wohnmobil steht an. Somit auch der von mir schon lange versprochene Rundflug über Bamberg. Hoffentlich klappt es diesmal.
SundownerMeine Nachbarin
Dank Serkan funktioniert der WLAN-Anschluß an Bord einwandfrei. So sehe ich mir am Abend im BR den Meibock-Anstich an. Tuborg passt da auch perfekt dazu und haut ned so nei wie die Böckle am Nockherberg.
Montag, der 8. Mai 2023
Seit geraumer Zeit überlege ich ja die MERLIN zu verkaufen. Schwanke dabei von einem Extrem ins Andere. Serkan der zu Charterzeiten Jahrelang auf MERLIN aufgepasst hat und sich auch heute noch technisch um das Boot bemüht, interessiert sich für die Yacht. Ich will sie aber mittlerweile nicht mehr ganz hergeben. Eine Partnerschaft würde mir vorschweben.
Ich packe ein paar Sachen ein und begebe mich mit einem Linienbus auf den Weg nach Göćek zu Serkan. In einem längeren Gespräch bahnt sich eine Lösung an. Nach meiner Rückkehr nach Deutschland muss ich das ganze aber noch gedanklich auf die Reihe bringen.
Visite in der Club-Marina Göcek
Gegen 19:30 Uhr kommt die Crew an. Es gibt eine erste, wenn auch nur kurze Einweisung. Dann geht es zum Abendessen ins Yesil-Restaurant nach Kaş. Anschließend noch ein paar Bierchen beim Deutschen Stammtisch in der Barcelona-Bar. Den Absacker nehmen wir an Bord. Es wird Mitternacht.
Dienstag, der 9. Mai 2023. 08:00 Uhr; 998,0 hPa leichte Cirrusbewölkung. Windstill
Oh Gott, es gibt Frühaufsteher an Bord. Das muss ich nächstes mal bei der Törnplanung bereits unterbinden. Jetzt ist es zu spät dazu. Aber zum Glück ist unser Early Bird ein leiser Geselle.
Wir wollen uns im Pasarella-Restaurant an der Hafenfront ein klassisches türkisches Frühstück gönnen. Die Entschleunigung der Crew ist noch nicht ganz abgeschlossen. So müssen wir die Zeit überbrücken, bis die Restaurants öffnen. Vor 9:00 Uhr ist gewöhnlich kein Yachtie auf den Beinen, außer es drückt die Blase. Nur Touris rumpeln schon rum.
Kein Alkohol, nur Lebensmittel.
Nach dem ausgiebigen Frühstück geht es zum Großeinkauf. Teils im Marina-Supermarkt, teils in der Stadt. Nach dem Verstauen der Lebensmittel hat MERLIN gefühlt einen halben Meter mehr Tiefgang.
Was folgt ist eine sehr intensive Einweisung in das Boot, in sämtliche Rettungsmittel und in die Reiseplanung. Schließlich sollen die beiden Scheinneulinge so viel wie möglich mitbekommen.
Am Abend bekommt der Skipper im Sempathi-Restaurant sein lang ersehntes Rinderlenden-Steak, während sich die Leichtmatrosen mit landestypischer Schonkost begnügen.
Den Absacker gib´s wieder an Bord. Und wieder wird es Mitternacht. Man hat ja schließlich Urlaub.
Mittwoch, der 10.05.2023. 08:00 Uhr Sonnig 997,0 hPa; Windstille
Wir laufen planmäßig um 09:00 Uhr aus. Der Ableger klappt perfekt. Das Aufschießen der Leinen muss vielleicht noch etwas geübt werde. Vielleicht gab es ja am Nürnberger Kanal nur Bindfäden oder Kälberstricke. Das Speed-Log geht nicht. Vermutlich wie so häufig veralgt. Unser erstes Ziel ist Polemos Bükü. Eine Bucht im Kekova Körfezi.
Kriegsschiff in Sicht
Anfangs weht noch kein Windchen. Wir können also unterwegs entspannt frühstücken. Bei der Vorbeifahrt an der griechischen Insel Kastellorizon entdecken wir ein imposantes Kriegsschiff das hier die Stellung hält. Wir motoren durch die Enge bei der Insel Akar Bogazi. Anschließend kommt Wind auf. Wir setzen Segel mit Kurs aufs weite Meer. Theoretisch würden wir, ohne weiteres Zutun, irgendwann in Israel anlanden. Aber soweit lassen wir es nicht kommen. Mit ein paar Wenden und Halsen geht es zurück Richtung Kekova. Die Einfahrt erreichen wir gegen 15:00 Uhr und unser Tagesziel eine halbe Stunde später. Das Ankermanöver klappt. Wenn auch erst beim dritten Anlauf. Der Düseneffekt verkompliziert die Sache enorm. Meine Großmutter würde sagen „das ist gut fürs merken“. Und sie hatte eigentlich immer Recht. Hektik wäre hier fehl am Platz.
Die Jungs wollen sich unter Wasser den Speed-Log-Geber ansehen und in Gang bringen. Das Wasser ist eisig kalt. Und irgendwie kommen mir die Beiden vor, wie damals die „freiwilligen“ Helfer in Tschernobyl. Gut, kaltes Wasser ist nicht ganz so gefährlich wie Strahlung, aber für uns sind es Helden.
Der Düseneffekt lässt Merlin an der Ankerkette hin und her tänzeln bis sich am Abend der Wind legt. Die Jungs kochen Sahnegeschnetzeltes mit Reis. Sehr lecker. Es fehlt an Nichts!
Dafür, und für den aufopfernden Einsatz werden feierlich Orden „Helden der Bucht“ verliehen.
Den Absacker gibt es unterm Sternenhimmel an Deck. Was für eine Nacht!
Log 24NM
Donnerstag, den 11. Mai 2023. 08:30 Uhr; Sonnig, leicht diesig; 996 hPa.
Frühstück an Deck. Die Müslifraktion hat die Oberhand. Heute steht eine Wanderung zu einer Lykischen Siedlung auf dem Programm. Ich bleibe an Bord, spül das Geschirr ab und putze die Toilette. Wohl gemerkt, in dieser Reihenfolge. Gegen 13:30 Uhr kommt die Crew mit dem Dinghi zurück. Wir machen Brotzeit mit Bierkugel und Restgeschnetzeltem.
Um 14:45 Uhr Anker auf. Wir lassen uns von der Fock gemütlich aus der Bucht ziehen. Auf offener See lässt der Wind erstaunlicherweise nach. Zeit für ein Skipper über Bord Manöver. Fünf Minuten später bin ich, respektive die Wasserflasche, wieder an Bord. Unser Treiben scheint ein Rudel Delfine neugierig gemacht zu haben. Sie umschwärmen das Boot. Tauchen mal links, mal rechts auf. Diesmal klappen sogar einige Schnappschüsse. Es packt mich immer wieder eine gewisse Ehrfurcht, diese edlen Tiere zu treffen. Hoffentlich haben sie noch lange eine Überlebenschance in unseren mit Plastik und anderem Scheiß zugemüllten Meeren.
Da es mit dem Segeln nicht so klappen will, besichtigen wir die zerklüftete Eselsbucht. Ich kann mal wieder meine Story loswerden, von Piraten die hier versteckt auf vorbeiziehende Handelsschiffe gewartet haben. Langsam glaube ich die Geschichten schon selbst.
Um 17:00 Uhr brechen wir nach Üćağis zu Hassan auf. Um 18:15 Uhr mit 50 Meter Kette auf 5,5 Meter Grund sicher und fest. Ankerbierchen bzw. Ankercola.
Bei Hassan werde ich schon fast wie ein Familienmitglied aufgenommen. Wir essen Vorspeisen, lecker gegrillte Dorade und bekommen lauwarmes Baklava zum Nachtisch spendiert. Zum Verdünnen gehört natürlich Raki dazu. Eine Zeitlang gesellen sich Joanna und Marcel zu uns an den Tisch. Zwei mir schon länger bekannte Weltumsegler die derzeit hier am Gemeindesteg einen Dauerliegeplatz haben.
Den Absacker gibt’s dann wieder Bord. Leider ist ein schwerer Diebstahl zu verzeichnen und trübt die gute Laune gewaltig. Eine Tüte Chips ist spurlos verschwunden. Alle Anzeichen deuten auf die Bugkabine hin. Der Fall beschäftigt uns bis weit über Mitternacht.
Log 15NM
Freitag, der 12. Mai 2023. 09:00 Uhr 994 hPa Sonnenschein mit leichter Eintrübung (nicht nur am Himmel)
Mein erster Schwumm ums Boot. Nicht nur zum wach werden, auch um den Raki aus dem Kopf zu bekommen. Es gibt eine Planänderung. Den Jungs hat es gestern so gut bei Hassan gefallen, dass sie am Rückweg hier noch mal einkehren wollen. Damit entfällt die heute geplante Fahrt nach Finike in die Marina. Die haben sowieso meine elektronische Reservierung noch nicht bestätigt. Also bleiben wir in dem uns mittlerweile schon bekannten Seegebiet rund um Kekova. Zum Frühstück gibt es diesmal nicht nur Müsli, sondern auch „falsches Rührei“. Also das Ei ist schon richtig, allerdings mit Bierkugel statt Schinken. Zu aller erstaunen wird als Beweisstück Nr. 1 eine leere Chipstüte in der Bugkabine entdeckt. Eine Taskforce wird einberufen.
Beweisstück Nummer 1
Um 11:30 Uhr lichten wir den Anker. Alles läuft wie am Schnürchen. Ich bin quasi nur noch Gast. In der Bucht gibt es bereits Schaumkrönchen. Draußen erwarten uns bis zu 30kt Wind und bis zu 2 Meter Welle. Wir machen einen längeren Schlag ins offene Meer und sausen mit dem dritten Reff immer noch mit 6 bis 7 Knoten durch die Gegend. Ich kämpfe mit dem Raki der mir offensichtlich noch mal durch den Kopf gehen will. Als alter Salzbuckel darf ich mir jetzt bloß nichts anmerken lassen! Nach der Wende steuern wir wieder zurück in die geschützte Bucht. Die Starkwinderfahrung war wichtig, aber jetzt reicht´s dann auch wieder. Wir legen eine Pause ein. Gegen 16:00 Uhr beruhigt sich die Lage. Wir holen den Anker ein, ohne an dem Ami anzudötzen, der sich so saublöd vor uns gelegt hat. Es gelingt schmerzfrei.
Im Schmetterling geht es Richtung Kamishk Burun oder auch Karibikbucht, wie sie Ingrid betitelt hat. Die Diskussion ob der Bullenstander Königsblau, Dunkelblau oder Hellschwarz ist, endet als wir mit dem Bug in eine Höhle blicken und wenig später unseren Übernachtungsplatz erreichen. Um 17:45 Uhr fällt das Eisen auf 6 Meter Tiefe mit 40 Meter Ankerkette im Karibikblauen Wasser. Alles geschieht automatisch. Ich bin nur noch Gast.
Abends gibt es Spaghetti Carbonara und einen Absacker an Deck. Kurz nach 22:00 Uhr fallen die letzten Äuglein zu. Der Tag war ziemlich anstrengend. Die Nacht ist ruhig, bis auf einige Trompetenkäfer.
Log 21 NM
Samstag, der 13. Mai 2023; 08:15 Uhr; Sonne pur; 999 hPa
Ein Schwumm ums Boot mit Körperreinigenden-Maßnahmen.
Nach dem obligatorischen Müsli-Frühstück inspizieren die Jungs mit dem Dinghi die Gegend. Inclusive der Höhle in der die MERLIN gestern nicht ganz hineingepasst hat. Es ist ein entspannter Vormittag mit Bücherlesen und vor sich hindösen.
Die neueste Mode
Um 13:00 Uhr verlassen wir die Bucht Richtung Demre. Außerhalb der Landabdeckung kommt richtig geiler Segelwind auf. Moderat mit lang gezogenen Wellen. Mit bis zu 20 Knoten Wind und 6 Knoten Fahrt kreuzen wir den ganzen Nachmittag mit ausgedehnten Schlägen bis hoch zur Einfahrt bei Kara Adasi die wir um 16:45 Uhr erreichen. Dann geht es mit mehrmaligem Halsen weiter in die innere Bucht zurück zu Hassan.
Um 17:30 Uhr fällt der Anker auf 5 Meter Grund mit 40 Meter Kette. Auf besonderen Wunsch der Crew lassen wir uns ein zweites mal von Hassans Tochter mit dem Motorboot zum Abendessen abholen. Diesmal sind die Vorspeisen noch Variantenreicher und als Hauptgericht gibt es Schwarzmeer-Fisch. Was immer das für eine Art Fisch ist. Wenngleich Simon penibel an den Gräten rum balanciert als würde er Mikado spielen, scheint es doch wieder vorzüglich zu munden. Nach der Rückkehr gegen 22:00 Uhr legt Kalle noch eine kleine Showeinlage aufs Parkett. Als Schmerzmittel zur inneren Anwendung gibt es Ouzo aus Kastellorizon. Nun scheint plötzlich auch Felix krank geworden zu sein. Zum Glück habe ich genügend Schnapsgläser an Bord.
Log 21 NM
Sonntag, 14 Mai 2023; 08:00 Uhr; Sonnig 1001,5 hPa.
Täglich wird es wärmer. Wir erreichen mittlerweile 27 Grad. T-Shirt und Shorts sind durchgängig zu tragen. Selbst beim Segeln.
Um 10:30 Uhr gehen wir Anker auf. Wie gesagt, ich bin nur noch Gast an Bord. Alles funktioniert ohne Rückfragen und ohne schlaue Ratschläge.
Wir müssen ein gutes Stück zurück Richtung Kaş und hoffen auf guten Segelwind. Aber diesmal scheint uns das Glück nicht hold zu sein. Gegen 12:00 Uhr packen wir das Tuch wieder ein. Zu wenig Wind und aus der falschen Richtung. Ab Inci Adasi ist ein Kurswechsel notwendig und wir können die Segel wieder auspacken. Gemächlich geht es weiter. Um 15:30 Uhr legen wir nördlich Kovanli Adasi einen Badestopp ein. Nach gut einer Stunde geht es weiter nach Ince Burun wo wir um 17:30 Uhr auf 10 Meter Wassertiefe mit 60 Meter Kette ankern.
Die ersten Wahlergebnisse trudeln ein. Erdogan liegt knapp vorne. Wohl wieder dank der Deutsch-Türken die dann ganz entspannt aus dem sozialsten und demokratischsten Land der Welt auf das heimatliche Chaos aus Korruption und Inflation blicken können. Unser auswärtiges Amt warnt bereits vor Unruhen im Land.
Trotz Wahlkrimmi gibt es zum Törnabschluß „Kapitäns Dinner“ Spaghetti mit zweierlei Sauce, bunter Salat und Rotwein. Es wird langsam dunkel. Der Mond schimmert und tausend Lichter scheinen von Kaş herüber. Unsere letzte Nacht auf See.
Log 19 NM
Montag, der 15. Mai 2023; 08:00 Uhr; Sonnig 999 hPa.
Heute geht es zurück in die Marina. Die Woche ist rasant vergangen. Wir machen um kurz nach 8:00 Uhr ungefrühstückt los. Kaffee gibt´s unterwegs. Endlich darf ich auch mal wieder ans Ruder. Gegen 10:30 Uhr sind wir an der Tankstelle und füllen 33 Liter Diesel nach. Für umgerechnet 90ct pro Liter.
Um 11:00 Uhr stehen wir an unserem Steg C auf unserem Platz Nr. 1. Eigentlich müsste es jetzt Platz Nummer 1,5 heißen, da sie mir noch eine kleine Motoryacht vor die Nase gesetzt haben.
Die Jungs beginnen sofort wie die Wilden zu werkeln. Unaufgefordert, wohl gemerkt! Segel waschen, Boot putzen, Luft aus dem Dinghi lassen, aufräumen.
Ich bin viel zu schwach mitzuhelfen und verschanze mich hinter meinen Logbuchaufzeichnungen.
Abends im Smiley´s-Restaurant noch mal ausgiebig Vorspeisen und lecker Fisch. Diesmal paniert und aus dem heißen Fett. Der letzte Abend an Deck wird noch mal genossen. Erst um Mitternacht fallen dem Letzten (also mir) die Äuglein zu.
Morgen geht es zurück. Hm, gerade jetzt, wo´s so schön ist. Naja, vielleicht kann man das ja mal wiederholen. An mir soll´s nicht liegen.
Log 6 NM
Gesamt Log: 106 NM
Motorlaufzeit: 15 Stunden (Zählwerk von 2.184,1 bis 2.199,1)
Bemerkung: Der Speed-Log-Geber konnte gar nicht funktionieren, er war nicht eingebaut.
Wenn man nachts auf einen Trompetenkäfer tritt hört sich das an als würde man furzen.
Der Chips-Diebstahl konnte nie ganz aufgeklärt werden.
Der erste Schluck kaltes Bier, das ist wie wenn einem ein Engel auf´s Herz brunzt.
Wie soll ich diesmal anfangen? Es ist mein 35ter Törnbericht. Alles ist schon mehrmals gesagt und beschrieben worden. Alles wiederholt sich und ist doch immer wieder neu.
Beginnen wir heute einfach mal in der Gegenwart. Ich sitze im Flugzeug auf dem Weg nach Hause. Es ist wohl eine Boeing 737 neueren Baujahrs. Draußen ist´s stockdunkel. Ein paar Sterne funkeln. Ich könnte in meinem Buch weiterlesen, Musik hören, oder etwas schlafen.
Nein, ich habe mich diesmal fürs schreiben entschieden und beginne, bei einer kleinen, aber guten Flasche Rotwein in meinen Gedanken und meinen Notizen zu kramen. Es geht zeitlich ein ganzes Stück zurück. Weit vor den Törnbeginn.
Christian, der schon einige Male bei Segeltörns dabei war, hat mich im Frühsommer gefragt, ob er wohl mal wieder mitsegeln könne. Er ist ein aufgeweckter Zeitgenosse und beherrscht mittlerweile die meisten Manöver. So jemanden nimmt man gerne mit auf Tour. Seine Freundin, auch nicht zum ersten Mal dabei, ist im Gegensatz zu ihm eine recht ruhige und ausgeglichene Person. Natürlich darf Lydia auch mit. Ist doch klar.
Schnell sind zwei weitere Aspiranten aus der Segelflugszene gefunden. Die sind total begeistert. Fast schon überschwänglich und sagen voller Euphorie spontan zu. Beim ersten Treffen fällt allerdings einem der Beiden ein, dass seine hochschwangere Frau zum Zeitpunkt des Törns kurz vor, oder bereits nach der Entbindung steht. Sowas kann man in der Hektik schon mal vergessen, oder? Der Andere hat zwar seine Frau nicht geschwängert, macht aber trotzdem vorsichtshalber auch gleich einen Rückzieher.
Christian weis einen Ausweg und zaubert einen ehemaligen Studienkollegen nebst Frau aus dem Zylinder. Nach zwei weiteren Treffen mit entsprechender „Beschnupperung“, kann ich die Crewliste abschließen und mit der Planung beginnen.
Springen wir nun einen zeitlich großen Schritt weiter. Bis zum 5. Oktober 2023
Ich habe es satt mitten in der Nacht aufzustehen und übernächtigt in einen Flieger zu steigen. Deshalb reise ich, wann immer es geht, mit Türkish Airline. Der Linienflug startet täglich um 11:00 Uhr in Nürnberg. Da muss ich nichtmal meinen Wecker umstellen. Es geht über Istanbul nach Dalaman. Von dort aus weiter mittels Transfer nach Kaş. Ich reise schon einige Jahre immer ein/zwei Tage der Crew voraus, um das Boot und die notwendigen Dokumente vorbereiten zu können. Um 22:00 Uhr habe ich mein Ziel erreicht.
Freitag 6. Oktober 2023
Burkhard kommt mich am Morgen besuchen. Wie immer haben wir uns viel zu erzählen. Wenngleich sein Rücken ihn derzeit peinigt, freut er sich über die mitgebrachte Dose Nürnberger Bratwürste und die Lebkuchen für Moni.
Die türkischen Gesetze schreiben vor, dass eine Yacht unter fremder Flagge maximal 5 Jahre im Land bleiben darf. Nachdem die Frist für MERLIN demnächst abläuft, habe ich geplant, zusammen mit der Crew am Sonntag auszuklarieren und am Montag, nach einer Nacht in griechischen Gewässern, wieder einzureisen. Dann beginnen die 5 Jahre aufs Neue.
Mein Agent wird fast panisch. Ich muss das unbedingt heute noch erledigen, da die Behörden am Wochenende geschlossen haben und er mich quasi schon angemeldet hat. So muss ich in aller Hektik mit dem Boot am Zollsteg erscheinen, die Prozedur über mich ergehen lassen und auf kürzestem Weg die türkischen Hoheitsgewässer verlassen. Alleine an Bord, ohne Hilfe.
Skipper allein unterwegs. Eine meiner wenigen Selfies ever.
Nach meiner Rückkehr, dem Zoll und Einklarierprozess sowie der beiden Anlegemanövern, am Zollsteg und Liegeplatz, bin ich ziemlich fertig. Und obendrein um 430,- Euro erleichtert. Nach ein paar scheiben Wurst, einigen Dosen Bier und einer Folge Hubert und Staller fall ich hundemüde in meine Koje.
Bemerkungen:
Motor 2213,0 Stunden (vor dem Ablegen)
Log 23429 NM
Serkan hat vorab die beiden Servicebatterien erneuert, Den Außenborder gewartet und die Feuerlöscher prüfen lassen. Super!
Samstag 7. Oktober 2023
Um 3:30 Uhr stelle ich fest, dass der Landstrom ausgefallen ist. Kann nachts aber keinen Fehler finden. Morgens stell sich heraus, dass lediglich mein Guthaben aufgebraucht ist.
Gegen 10:00 Uhr kommt die Crew. Es entsteht schlagartig ein ungewohnt hektisches Gewusel. Um 12:00 Uhr unterbricht der Hunger das Treiben. Wir gehen ins Passarella zum Frühstücken.
Ein typisch türkisches Frühstück ist für mich immer was Besonderes. Ja eigentlich auch ein kleines Anfangs-Highlight des Törns. Es werden Unmengen von Schälchen aufgetragen. Gefüllt mit den verschiedensten regionalen Köstlichkeiten. Marmeladen, Honig, Erdnuss-Creme, Ahornsirup, Öle, Oliven, Gurken, Tomaten, Nüssen, gegrillten Paprika, frittierten Würstchen, Pommes, Spiegeleier, Weißbrot usw. usw.
Beispiel eines typisch türkischen Frühstücks
Mir irgendwie unverständlich, warum unsere Mitseglerin mit Laktoseunverträglichkeit sich ausgerechnet sofort auf den Teller mit den verschiedenen Käsesorten stürzt. Mit der, in Deutsch formulierten Frage, ob es sich bei allen Sorten um Schafskäse handelt, war der Kellner natürlich überfordert und hat es höflich bejaht. Und so nahm das Schicksal seinen Lauf.
Um es gleich vorweg zu nehmen. Wir mussten nicht zum Arzt, nicht ins Krankenhaus. Und wir mussten auch unseren Törn nicht abbrechen. Aber seitdem hat der Begriff Lactose-Intoleranz und hier speziell das Wort Intoleranz, für mich eine ganz neue Bedeutung bekommen.
Gut gestärkt folgt der obligatorische Großeinkauf im Supermarkt. Anschließend ist weiter wuseln und ein erster „Schwumm“ irgendwo im Marina-Bereich sowie eine Runde Dinghi-fahren rund ums Boot angesagt. Was allerdings sehr schnell langweilig wurde. Den geplanten Sonnenuntergang auf den Stufen des Amphitheaters verpassen wir um Haaresbreite. Schönheit braucht halt seine Zeit.
Das Abendessen nehmen wir im Yessil-Restaurant ein und gehen anschließend noch auf einen Absacker ins Barcelona. Der aller letzte Schluck an Deck fällt wegen Müdigkeit aus.
Bemerkungen:
Motor 2216,0 Stunden
Log 23432 NM
Blindstopfen gegen Speedlog-Geber getauscht. Beim Betanken des Außenborders ist leider etwas Sprit daneben gelaufen. Gott sei Dank wurde es bald dunkel.
Das Frühstück wird unter Deck eingenommen. Ich bin ja kein großer „Frühstücker“ und staune deshalb nicht schlecht, was man morgens alles so wegputzen kann. Aber angeblich soll ja das Frühstück die gesündeste Mahlzeit des Tages sein. Ich halte es eher umgekehrt. Moni und Burkhard kommen kurz zu Besuch um uns zu verabschieden. Um 11:20 Uhr laufen wir aus. Nach der langgestreckten Bucht Buçak Deniz und vorbei an der markierten Gefahrenstelle, probieren wir mit Kurs Richtung Kastellorizon alle Segel aus. Der Wind ist schwach und eigentlich gar kein Segelwind. Aber zum Ausprobieren der einzelnen Segelstellungen ideal für den ersten Tag. Kerstin schlägt sich gut am Steuer.
Ich erfahre, dass unsere Neulinge vor gefühlten 30 Jahren schon einmal auf Segeltörn waren. Dass es in Kroatien wohl schöner sei. Dort bessere Winde geherrscht haben, größere Wellen waren und es ein schnelleres Segelboot war. Und dass man bei Nachtfahrten angeblich nicht aufgestoppt hätte, wenn jemand von Bord gegangen wäre.
Ich tröste mich damit, dass sich die Geschichten im laufe der Jahre verändern. Und wenn die Beiden in ein paar Jahren mal wieder auf Segeltörn sein sollten, es sicher bei mir die besseren Winde die höchsten Wellen und das bessere Boot gegeben hat. Nur einfach weiter fahren würde ich nicht, sollte jemand nachts unfreiwillig von Bord gehen.
Gegen 13:30 Uhr schläft der wenige Wind endgültig ein. Wir motoren in die Bucht bei Inçe Burun. Der Anker fällt bei 11 Meter Wassertiefe und wir stecken 50 Meter Kette. Ankerbier! Baden! Feierabend!
Am Abend gibt es Linguine al Carbonara mit Salat und einen Schluck Rotwein dazu.
Ein halbes Jahr habe ich das schon vermisst. Eine ruhige Bucht. Das im Mondlicht spiegelnde Wasser. Die entfernten und doch sehr hellen Lichter einer Stadt. Den herrlichen Sternenhimmel, ohne Lichtverschmutzung. Leider entscheidet sich die Crew für laute Discomusik und ebenso laute Gespräche. Kann man machen, muss man aber nicht.
Bemerkungen:
Motor 2218,0 Stunden
Log 23438 NM
Wir haben sicherheitshalber einen Brotbeauftragten ernannt. Kerstin wird angewiesen die Weißbrote mehrmals täglich aus den Plastiktüten zu entnehmen, zu lüften und zu wenden.
Montag 9. Oktober 2023
08:30 Uhr – 1000,0 hPa – sonnig – 10kt Wind
Um 4:30 nimmt der Wind stetig zu und wir kommen dem Nachbarschiff, das nach uns noch gekommen ist, deutlich näher. Unser Anker hält. Aber die Schwoi-Kreise überschneiden sich beinahe. Ich mache es mir an Deck so bequem wie möglich und beobachte das Treiben. Bei Sonnenaufgang lässt der Wind nach und ich verkrieche mich wieder in meine Koje unter Deck.
Um 08:30 Uhr kommt Leben ins Boot. Frühstück unter Deck. Schwimmeinlagen rund ums Boot.
Um 11:00 Uhr holen wir den Anker auf. Nach Verlassen der Bucht steuert uns Lydia Richtung Kekova. Gegen 13:00 Uhr erreichen wir die Durchfahrt Akar Boğazi. Als Mittagshäppchen gibt es Bruscetta. Langsam nimmt der Wind zu. Wir kreuzen und halsen ohne großes Ziel. Übung macht bekanntlich den Meister. Gegen 16:30 Uhr steuern wir die erste Einfahrt in den Kekova-Fjord an und biegen Richtung Polemos Büki ein, wo wir auf 8 Meter Tiefe 50 Meter Kette stecken. Es gibt Kaffee und Klebzeugs (Baklava) und für mich mein Ankerbier. Der elektronische Ankeralarm sorgt für Verwirrung, da optisch keine Drift erkennbar ist. Nachdem der Schwoikreis neu eingegeben ist, sind die Alarme beendet. Merlin tanzt wie gewohnt freudig um die Ankerkette. Bleibt aber an Ort und Stelle. Abends lässt der Wind nach. Herbert bereitet Kartoffelgrößtl mit Schinken, Spiegelei und Zwiebel.
Bemerkungen:
Motor 2221,1 Stunden
Log 23460 NM
Heute mal keine laute Musik an Deck. Dafür aber große Aufregung, weil die Fischerboote so laute Motoren haben.
Dienstag 10. Oktober 2023
08:30 Uhr – 998,5 hPa – sonnig – Windstill
Um 08:30 Uhr kriechen Alle aus den Kojen. Die Nacht war ruhig, sieht man einmal von den üblichen Pinkelgängen ab, an denen ich mich natürlich auch beteiligt habe. Ein Morgenschwumm im Salzwasser mit anschließender kurzer Süßwasser-Spülung. Der Wasserverbrauch ist, entgegen meinen Befürchtungen, sehr diszipliniert. Wenn das so weitergeht, müssen wir nicht mal nachbunkern.
Frühstück wieder unter Deck. Die außergewöhnliche Teezubereitung fasziniert jeden Morgen aufs Neue und treibt so manchen Puls in die Höhe. Zumindest wenn sich im Kaffeefilter mehr Teewasser befindet, als die darunter befindliche Tasse aufnehmen kann.
Heute ist Wandertag angesagt. Das Dinghi wird zu Wasser gelassen. Der Wanderweg führt an Purple House vorbei zur Lykischen Siedlung Apalia.
Ich bleibe an Bord und verlustiere mich indes an der etwas zickigen Toilettenpumpe sowie an einigen unangenehmen aber notwendigen Desinfektionsprozessen.
Gegen 14:45 Uhr nach einigen Mittagshäppchen geht es weiter. Außerhalb der Bucht tümpeln wir bei 3kt Wind dahin. Sehen uns die verwinkelte Piratenbucht näher an und fädeln am östlichen Ende des Fjords wieder ein. Kurs Üçağis.
Nachdem der Anker auf 5 Meter Tiefe und 50 Meter Kette gut festsitzt und das Ankerbierchen geleert ist, holt uns Burcu, Hassans Tochter, um 18:30 Uhr mit dem Boot ab
Es wird wie immer ein gelungener, leicht Raki-Geschwängerter, herzlicher Abend bei Freunden.
Bemerkungen:
Motor 2224,1 Stunden
Log 23474 NM
Mittwoch 11. Oktober 2023
08:30 Uhr – 999,0 hPa – sonnig – Windstill
Nachdem die Wettervorhersage auch für heute nicht viel Wind prophezeit, wollen wir das Gebiet um Kekova verlassen. Es gibt zwei Alternativen. Entweder ein großes Stück nach Westen. An Kaş und Kalkan vorbei bis Karakaören. Oder Richtung Osten nach Finike. Die erste Variante scheint uns dann doch zu weit. Um 11:00 Uhr holen wir den Anker auf und verlassen die Bucht mit Kurs Finike. Entgegen allen Vorhersagen kommt doch brauchbarer Segelwind auf. Mit durchschnittlich 16 kt sind wir bei 1 Meter Welle gut unterwegs.
Am Ruder löse ich mich mit Christian und Herbert ab. Um 16:00 Uhr erreichen wir Gök Limani. Eine weit ausladende Bucht kurz vor Finike. Durch Schwell und schlecht haltendem Ankergrund zum Übernachten nicht geeignet, beschreibt Andrea Horn in ihrem Hafenhandbuch die Örtlichkeit. Aber wir wollen hier sowieso nur zur Kaffeepause und zum Baden einen Zwischenstopp einlegen. Gegen 17:30 Uhr erreichen wir Finike Marina. Wir sind über das SETUR- Reservierungssystem bereits angemeldet und werden auch entsprechend empfangen.
Marina Finike
Wir machen am Steg A am uns zugewiesenen Platz 64 fest. Es gibt erstaunlich viele leere Liegeplätze hier. Der Boom der letzten Jahre scheint vorüber zu sein. Hoffentlich sinken dadurch auch die Liegeplatzgebühren wieder auf ein erträgliches Maß.
Es geht doch nichts über eine ausgedehnte warme Dusche mit Süßwasser.
Zu Abend essen wir, auf Empfehlung von Schiffsnachbarn, in der Stadt in einem Schnellimbiss. Ob´s die Richtige Adresse war, möchte ich aber bezweifeln. Am Rückweg werden wir kurz vor der Marina-Einfahrt förmlich in ein Restaurant hinein bugsiert. Auch als wir beteuern, dass wir bereits satt sind und nur noch ein Bierchen trinken wollen, dürfen wir gerne bleiben. Von der Terrasse aus haben wir einen tollen Rundblich auf die Stadt und den Hafen. Und das noch dazu mit traditioneller Livemusik.
Den zweiten Absacker gibt es an Deck. Zusammen mit den verpönten Käsechips, die in zehn Minuten verputzt waren. Es wird kurz nach Mitternacht bis alle Äuglein zugefallen sind.
Bemerkungen:
Motor 2228,0 Stunden
Log 20420 NM (Die Anzeige liegt um unerklärliche 3.000 Stunden daneben)
Finike – Reservierungs Nr. 7251
Gasflasche gewechselt
Landstrom und Wasser sind hier am Steg kostenlos
Kerstin, die neu gewählte Keilbeauftragte wird abgesetzt, da der Keil wieder fest auf der Ruderwelle sitzt.
Es wird behauptet, dass man in der Mikrowelle Teller vorwärmen kann? Ich verneine das kategorisch, werde aber irgendwie überstimmt. Auch wenn ich mir eigentlich ziemlich sicher bin. Aber was soll´s.
Donnerstag 12. Oktober 2023
08:00 Uhr – 1002,5 hPa – sonnig – Windstill
Kerstin und Herbert nutzen die tolle Morgenstimmung zu einem Ausflug und bringen tolle Bilder mit. Auf dem Weg zum Waschraum treffe ich Marcell. Er ist gerade gestern von einer sechswöchigen Überstellungstour aus Thailand zurück. Er und Joana wollen heute noch weiter nach Osten Richtung Mersin. Ein mir völlig unbekanntes Seegebiet. Ich hoffe bald via Facebook Berichte von den Beiden zu erhalten. Eigentlich wollten sie zur Weihnachtszeit nach Israel segeln. Aber die derzeitige Lage macht dies unmöglich.
Wir legen um 11:00 Uhr ab. Der Nachmittag beschert uns wieder guten Segelwind, so dass wir zurück Richtung Kekova unter Segel aufkreuzen können. Nur einmal brauchen wir kurz den Motor, um uns an einer Außenboje einer Fischzuchtanlage vorbeimogeln zu können.
Fischzuchtanlage
Um 18:00 Uhr erreichen wir die von Ingrid benannte Karibik-Bucht. Es gibt Spaghetti mit zweierlei Saucen und Salat dazu. Für den Absacker an Deck wird jetzt Flutlicht benötigt. Anscheinend um Chips und Wein besser orten zu können. Die Stille und der grandiose Sternenhimmel spielen für Stadtmenschen wohl nur eine untergeordnete Rolle.
So ist um 22:00 Uhr auch schon Zapfenstreich für mich. Eine Zeitlang lausche ich noch den nächtlichen Geräuschen im und rund ums Boot, dann schlafe ich zufrieden ein.
Bemerkungen:
Motor 2230,7 Stunden
Log 20447 NM (Die falsche Zahlenreihe bleibt weiterhin bestehen)
In Finike Wasser gebunkert.
Dank meines Jahresvertrags in Kaş entstanden keine Liegegebühren.
Den Mann im Marina-Office kannte ich noch von Marmaris. Das ist 5 Jahre her.
Freitag der 13. Oktober 2023
09:00 Uhr – 1003,5 hPa – sonnig – leichter Wind
Eine neue Idee keimt auf: Kaffeetrinken an Deck! Bei den früheren Törns war es eigentlich üblich, an Deck zu frühstücken. Warum dies bei diesem Törn anders ist. Ich kann´s mir nicht erklären. Vielleicht weil der Tisch unten im Salon größer ist und somit deutlich mehr Proviant aufgetragen werden kann. Als notorischer Nichtfrühstücker kann ich bei dem Thema sowieso nicht mitreden. Aber nach der ersten Tasse hat man sich dann doch zum Großeinsatz unter Deck begeben. Nur ich nicht. Der Morgen an Deck ist zu schön.
Um 10:45 Uhr dampfen wir aus der Bucht. Die Höhle die wir von der Wasserseite aus besuchen wollen, ist mit einer Ankerkette versperrt. Angeblich Einsturzgefahr. So steht es zumindest auf einem Schild. Jetzt hat sie Millionen von Jahren gehalten. Sogar im Frühjahr haben wir den Schiffsbug noch reingesteckt. Und jetzt ist sie auf einmal baufällig geworden. Was aber Kerstin und Herbert nicht hindert, sich schwimmend hinein zu wagen. Die Höhle hat jedenfalls gehalten!
Anschließend tuckern wir am unteren Kap der Insel Kekova vorbei. Aber selbst draußen, auf offener See, weht kein Wind. Wir entscheiden deshalb direkt nach Üçağiz zurück zu fahren und einen zweiten Wandertag einzulegen. Um 13:45 Uhr ankern wir mit 40 Meter Kette auf 5,5 Meter Tiefe. Die Crew nimmt das Dinghi und wandert zur Burg Kaleköy. Ich bleibe an Bord. Kenn das ja alles schon zur Genüge.
Nachdem der Wind nun doch noch auffrischt, rückt mir eine große Motorjacht auf die Pelle. Einzig eine Frau ist an Bord. Nach deren Hilferufen eilt die Mannschaft von Land zurück und rettet die Jacht, bevor sie an meinem Bug zerschellt und untergeht.
Um 18:30 Uhr werden wir wieder von Burcu abgeholt und kehren ein zweites Mal bei Hassan ein. Diesmal wird´s fleischlastiger. Aber auch heute wieder doppelte Portionen. Ich begnüge mich mit den köstlichen Vorspeisen und einer vorzüglichen Fischsuppe. Die hatte ich hier noch nicht.
Den Absacker gibt es an Deck. Natürlich mit Festbeleuchtung. Bett- bzw. Kojenruhe ist um 23:00 Uhr.
Bemerkungen:
Motor 2233,6 Stunden
Log 20456 NM (Langsam gewöhne ich mich an die falsche Zahl)
Die tägliche Mottendiskussion.
Merlin steht monatelang leer. Damit sich kein Getier einnistet, stelle ich nach Ende eines jeden Törns an den neuralgischen Stellen Mottenfallen auf. Daran lassen sich, im Laufe der Zeit, auch immer wieder Exemplare an den klebrigen Innenflächen fangen. Nachdem die Tierliebe einiger Crewmitglieder bereits bei Hund und Katz überspannt war, sind diese kleinen Schwebfliegen wohl ein absolutes Nogo gewesen. Leider wurden während des Törns zwei Exemplare unter Deck gesichtet was zu angeregten Diskussionen führte. Ein Begasen des Schiffes wurde angeregt. Ich überleg mir das dann aber erst nochmal.
Samstag 14. Oktober 2023
08:00 Uhr – 1001,0 hPa – sonnig – Windstill
Täglich wird es morgens später. Aber wir haben heute keine Eile. Wir müssen nur zurück, in die Bucht vor Kaş. Der zweite Versuch an Deck zu frühstücken scheitert kläglich. Vermutlich wieder an der Vielfalt und Menge an Essen. Ich bleibe mit meiner Tasse beharrlich an Deck im Schatten sitzen. Um 11:00 Uhr holen wir das Grundeisen an Deck. Nachdem der Anker sauber und der Schrubber gerettet ist, geht die Fahrt los. Erst nach der Durchfahrt bei Akar Boğazi kommt einigermaßen brauchbarer Wind auf. Wir kreuzen, so sportlich wie möglich auf, und kommen gut voran. Ab 16:30 Uhr hilft der Motor mit und die Fock wird eingeholt. Die letzten Umdrehungen der Rollfock gehen ziemlich streng und es muss vom Bug aus nachgeholfen werden.
Um uns herum ziehen Gewitter auf. Die Wolkentürme sind ein herrlicher Anblick, in der tief stehenden Sonne. Skipper werden bei diesen Ausmaßen allerdings eher unruhig. Das Wetterradar meint, dass sich die Gewitter ins Landesinnere verziehen werden. Hoffen wir´s.
Abends gibt es Schinkennudeln mit Salat und den restlichen Rotweinbeständen. Bettruhe ab 22:00 Uhr
Bemerkungen:
Motor 2236,0 Stunden
Log 20462 NM
Nachthimmel bis in die Morgenstunden von Blitzen erhellt. Die Gewitter haben uns aber nicht erreicht. Nachts hat der Wind gedreht und aufgefrischt. Aber der Anker hält.
Um 07:00 Uhr Anker auf. Ich will zeitig zurück sein, da ab 10:00 Uhr mit auflandigem Starkwind zu rechnen ist. Um 08:30 Uhr gehen wir an der Tankstelle längsseits und bunkern 66 Liter Diesel nach. Um 09:00 Uhr sind wir an unserem angestammten Platz Nr. 1 am Steg C.
Zwölf Minuten lasse ich mir das Duschwasser über den Kopf rieseln, während die Anderen sich noch leicht müffelnd mit Frühstück vollstopfen. Ich denke ich habe in dieser Woche so circa die Hälfte der Durchschnittsmenge verzehrt. Essen war ja auch während des gesamten Törns Thema Nr. 1. Leider bin ich aber wohl kein guter Kostverwerter. Ich würde bei den vertilgten Mengen deutlich zunehmen.
Die Crew unternimmt einen Ausflug zu den Höhlen oberhalb Kaş. Mich besuchen inzwischen Moni und Burkhardt an Bord und anschließend Serkan. Mit Serkan habe ich Vieles zu besprechen. Aber das ist eine andere Geschichte.
Abends steuern wir das Sempati-Restaurant an, wo ich mein obligatorisches Törn-Abschlussessen in Form eines Rinderlendensteaks bestelle. Aber auch die anderen Crewmitglieder sind von den Kochkünsten überzeugt.
Bemerkungen:
Motor 2238,2 Stunden
Log 20468 NM
Montag 16. Oktober 2023
09:00 Uhr – sonnig
Der Tag ist geprägt von Aufräumarbeiten. Nach dem türkischen Frühstück im Passarella wird das Dinghi entsalzt, getrocknet und eingepackt. Ich organisiere einstweilen den Reinigungsdienst für Boot und Bettwäsche. Schließe nach intensiven Verhandlungen einen weiteren Jahresvertrag mit der Marina ab und verstaue meine persönlichen Utensilien an Bord.
Gegen 15:00 Uhr heißt es Abschied nehmen. Der Bustransfer bringt uns nach Antalya zum Flughafen. Dort ist das Gewusel so groß wie damals vor Corona. Niemand will auf seine Annehmlichkeiten und seine Urlaubsreisen verzichten. Und irgendwie verstehe ich das ja auch.
Für den Rückflug habe ich mir wieder einen Fensterplatz ergattert. In Reiseflughöhe angekommen bestelle ich mir ein Fläschchen Rotwein. Nicht gerade billig. Aber das ist es mir jetzt wert. Ich genieße jeden Schluck und beginne, ziemlich entspannt meinen Törnbericht zu schreiben.
Bemerkung
Gesamtstrecke 139 NM
Gesamt Motorlaufzeit 25 Std.
Dieselverbrauch 66 Liter
Kein Zwischenfall, kein Unfall. Bis auf eine leicht lädierte Zehe, keine nennenswerten Verletzungen.
Alles gut !!
Danke an Herbert und Christian die bei Problemen immer sofort mit dem Werkzeugkoffer zur Stelle waren. Und danke für die schönen Bildbeiträge.
Nein, diesmal wird es kein Reisebericht über eine aufregende Segeltour. Diesmal ist Arbeiten angesagt. Ob es darüber berichtenswertes und obendrein auch noch lesenswertes gibt, liegt in der Entscheidung des Betrachters.
Schon weit vor der Abreise checke ich täglich die Wetterberichte. Sie verheißen nichts Gutes. Ich war vor Jahren schon mal an einem Januar in der Türkei. Sogar viel weiter nördlich. Damals konnte man tagsüber mit T-Shirt und kurzer Hose rumlaufen. Jetzt erwarten mich laut Wettervorhersage Höchsttemperaturen um die acht Grad mit viel Regen. Entsprechend demotiviert trudle ich am Donnerstagvormittag am Flughafen Nürnberg ein. Begleitet von meiner kleinen Familie, bestehen aus Frau und Hund. Die Begleitung ist wichtig für mich. Da mir Abschiede immer schwerer fallen, werde ich von den Beiden doch immer wieder motiviert.
Goya checkt die Abflugzeiten
Der Trip geht, wie so häufig, über einen Zwischenstopp am Drehkreuz Istanbul. Kurz vorm Abflug spreche ich mich telefonisch noch mit Serkan ab. Wir kommen zu dem Schluss, dass beim morgen zu erwartenden Dauerregen so gut wie keine Wartungsarbeiten möglich sind und verabreden uns deshalb erst für Samstag.
Weil wir schon gerade über Serkan reden. Er ist seit dem Frühjahr mein Schiffs-Partner geworden. Er kennt MERLIN noch aus der Zeit, als sie als Charteryacht ihr Geld verdienen musste. Kennt die Yacht besser als ich und mittlerweile wahrscheinlich sogar besser als die Herstellerfirma. Und er ist genauso verknallt in das Schiff, wie ich selbst. Serkan hat sich vor einigen Jahren selbstständig gemacht und in der Türkei eine Firma für Yachttechnik gegründet. Er kann sich durch seinen Fleiß und Sachverstand derzeit vor Aufträgen nicht retten. Und ich könnte mir menschlich und aufgrund seines Erfahrungsschatzes keinen besseren Partner wünschen. In absehbarer Zeit wird er MERLIN komplett übernehmen.
IstanbulWarten auf den WeiterflugEndlich in Dalaman
Aber jetzt zurück zum eigentlichen Vorhaben.
Freitag, der 08. Dezember 2023
Bei der Landung in Istanbul liegen die Wolken auf. Die offensichtlich vom Autopiloten durchgeführte Landung fällt entsprechend hart aus. Ich kenne das Verfahren. Bei diesen Bedingungen, Starkregen, Wolken bis zum Boden und der extrem nassen Landebahn, ein übliches Verfahren um den Flieger schnell am Boden und möglichst nicht zum schlingern zu bringen. Das gleiche Spiel dann in Dalaman. Allerdings ist es da auch noch stockdunkel geworden. Mein Fahrer, den ich spontan in Nürnberg geordert habe, steht schon bereit. Im nagelneuen 9sitzer-Bus geht es Richtung Kas. Wie ein VIP komme ich mir als einziger Passagier in den riesen Gefährt vor. VIP auch deshalb, weil draußen ständig Blitzlicht die Szene erhellt. Oder sind´s Gewitter? Kurz nach Mitternacht erreiche ich mein Ziel. Zum Glück hat es aufgehört zu regnen und ich komme einigermaßen trocken zum Boot. Die Passarella auslegen, Landstrom anschließen, Koje für die Nacht vorbereiten. So aufgewühlt brauch ich aber dann doch erstmal ein Bierchen. Zu essen gibt es leider nur noch ein paar Press-Chips aus der Dose. Gegen 2 Uhr falle ich endlich in die Koje.
Die Nacht war kühl und durchwachsen, von hell aufleuchtenden Blitzen und Regengeprassel durchzogen. Sinnlos bei dem Sauwetter früh aufzustehen. Ich bleibe erstmal bis Mittag liegen. Dann quält mich der Hunger und ich wate, nach einer Katzenwäsche, in die Stadt. Die Preise fürs Essen haben sich fast verdreifacht. Sind aber für deutsche Verhältnisse und wohl auch durch die hohe Inflation für uns durchaus noch günstig. Nachmittag blickt dann doch die Sonne mal raus. Und man kann seinen Cappuccino im Freien genießen. Wenn auch mit Pulli.
Am Abend bin ich bei Burkhard und Monika zum Essen eingeladen. Es gibt Krautwickel mit Kartoffelbrei. Ich fühle mich, in mehrfacher Hinsicht, fast wie daheim. Nach dem Essen kommt ein regelrechter Sturm auf. Der Wind schiebt die massiven Gartenmöbel auf der Terrasse durch die Gegend. Gefolgt von Blitzen und wolkenbruchartigen Regenfällen. Ich will schnellstmöglich zurück an Bord. Wie ein begossener Pudel sitze ich unter Deck und wechsle erstmal sämtliche Kleidung. Zum Glück liegen von früheren Törns noch T-Shirts und eine Jogginghose rum. Man kann sich gar nicht vorstellen, dass laut Wetterbericht morgen die Sonne scheinen soll.
Da hats uns richtig erwischtWäsche trocknen
Samstag, der 09. Dezember 2023
Die Sonne scheint. Und sofort bessert sich meine Stimmung. Kurz nach 10:00 Uhr kommt Serkan und hat, neben Werkzeug und Ersatzteilen, zwei seiner Mitarbeiter dabei. Es geht sofort zur Sache. Segel waschen, trocknen und unter Deck stauen. Bimini und Sprayhood abbauen. Alle Edelstahlteile an Deck polieren. Sowie das gesamte GfK-Deck. Außenbordmotor und Ankerwinsch für Wartungsarbeiten demontieren. Toilettenspülung reparieren. Geschwindigkeitssensor (von mir fälschlicher Weise Speed Log genannt) demontieren und säubern. Sicherungsleinen ausbringen usw. usw.
Die Arbeiten dauern den ganzen Tag an. Die Jungs werkeln wie die Verrückten. Ich versuche so gut wie möglich mit anzupacken, aber es fehlt mir leider an der nötigen Professionalität. Als Ausgleich kümmere ich mich um die Getränkeversorgung.
Am Abend sitze ich ziemlich geschafft unter Deck. Genieße die letzten Stunden an Bord. Zum Glück sind beim letzten Törn noch einige Dosen Bier übrig geblieben. Ein Prost auf die Herbst-Crew! Morgen um 6:00 Uhr ist wecken. Warm duschen, das Boot winterfest machen, dann geht es wieder zurück. Auf der Fahrt nach Antalya genieße ich jeden Sonnenstrahl und die ganz passablen 16 Grad Temperatur. Ade MERLIN, hoffentlich bis bald.
Kein Triebwerksbrannt. Da geht gerade die Sonne zwischen zwei unterschiedlich hohen Wolkenschichten unter.
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